Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Straßburg (1885 bis 1894) 411 
Unter den anwesenden höheren Beamten und Offizieren war große Auf- 
regung. Man machte es Hofmann zum Vorwurf, daß er die Unter- 
suchung gegen die Mitglieder der Patriotenliga habe einleiten lassen und 
dadurch die Gemüter verstimmt habe. Daß Hugo Bulach in Erstein durch- 
gefallen, nahm man auch allgemein als eine Provokation, als eine der 
deutschen Nation angetane Schmach auf. Back und andre meinten, es 
müsse jetzt etwas geschehen, um dem verletzten deutschen Nationalgefühl 
Satisfaktion zu geben. Back insbesondere riet, den Landesausschuß zu 
suspendieren. Hofmann, den ich heute darüber sprach, will davon nichts 
wissen. Er riet dazu, den Bürgermeister von Mülhausen zu veranlassen, 
seine Entlassung zu geben. 
Nachmittags bekam ich heute das Schreiben von Bismarck, in welchem 
er sich darüber beschwert, daß die elsaß-lothringische Regierung nicht früher 
von der Teilnahme vieler Elsässer an der Patriotenliga Notiz ge- 
nommen habe. 
An den Fürsten Bismarck. 
Straßburg, 5. März 1887. 
Eurer Durchlaucht habe ich mir erlaubt Abschrift des an Seine 
Majestät erstatteten Berichts über den Ausfall der Wahlen in Elsaß- 
Lothringen zu übersenden. Ich unterlasse es, mich über die Ursachen zu 
verbreiten, welche das ungünstige Wahlergebnis herbeigeführt haben. Sie 
sind Eurer Durchlaucht bekannt. Auch werde ich Gelegenheit haben, 
weitere Aufklärung mündlich zu geben. Die öffentliche Meinung in Deutsch- 
land und die eingewanderten Deutschen im Reichsland machen, wie dies 
im ersten Augenblick der Aufregung begreiflich ist, vorzugsweise die Re- 
gierung des Reichslands für das Ergebnis der Wahlen verantwortlich. 
Ob und wie weit der Verwaltung die ganze Verantwortung zur Last zu 
legen ist, will ich jetzt nicht entscheiden. In einem Punkte glaube ich aber 
nicht zu irren, nämlich in der Ueberzeugung, daß die Maßregeln, welche 
nunmehr zu ergreifen sind, und das System, welches jetzt befolgt werden 
muß, mit dem bisherigen Staatssekretär nicht durchgeführt werden kann. 
Ich traue ihm weder den nötigen Takt noch die Fähigkeit zu, um an der 
richtigen Stelle die erforderliche Energie anzuwenden, und glaube auch, 
daß die Beamten des Reichslands ihm nicht den Grad des Vertrauens 
entgegenbringen, der gefordert werden muß, wenn der eingeschlagene Weg 
zum guten Ziele führen soll. Ich habe Herrn von Hofmann deshalb 
meinen Entschluß, eine Aenderung in der Stelle des Staatssekretärs vor- 
zunehmen, mitgeteilt. Er hat sich für die Entscheidung der Frage, ob er 
seine Entlassung selbst einreichen oder dieselbe abwarten soll, Bedenkzeit 
erbeten. Unterdessen bitte ich Eure Durchlaucht ganz ergebenst, mir einen
	        
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