432 Straßburg (1885 bis 1894)
hergeben. Dann kamen wir auf die russischen Güter, wo er den Kaiser
sehr rühmte, der ein guter, ehrlicher Mann sei, aber dem Schicksal Lud-
wigs XVI. entgegentreibe.
Zum Schlusse kehrte er wieder zur Kriegsfrage zurück und meinte,
ihm werde dann die Führung des westlichen Korps im Elsaß zufallen
und er dann zu mir kommen. Ich benutzte die Gelegenheit, ihm zu sagen,
daß ich dabei nur den einen Wunsch hätte, nicht genötigt zu sein, mich
über den Rhein zurückzubegeben, sondern an den Ereignissen teilzunehmen,
daß es aber dann nötig sei, mir eine Militäruniform zu geben. Das
sah er ein und sagte: „Gewiß, das werden wir bestens besorgen.“
Als ich ihn nach der Gesundheit des Kaisers fragte, sagte er, der
Kaiser habe eine gute Nacht gehabt. Die Aerzte behaupteten aber, daß
es in zwei Monaten zu einer neuen Krise und vielleicht zum Ende
kommen werde.
Straßburg, 8. Mai 1888.
Nachdem wir nun seit dem Frühjahr des vorigen Jahrs infolge der
durch den Ausfall der Wahlen hervorgerufenen Aufregung eine Reihe von
mehr oder weniger vexatorischen Maßregeln ergriffen haben, die hier viel
Mißstimmung hervorrufen, kam Fürst Bismarck mit der Zumutung, ich
solle den Paßzwang gegen Frankreich einführen, was ich nach Lage der
Gesetzgebung selbständig tun kann. Er teilte dabei mit, daß der Bot-
schafter in Paris keinen Paß visieren dürfe, ohne vorher angefragt zu haben,
so daß daraus unendliche Verzögerungen entstehen würden. Es ist nicht
zu bezweifeln, daß diese Maßregeln nicht nur im allgemeinen großes Auf-
sehen und Erstaunen erregen, sondern auch die hiesige Bevölkerung er-
bittern würden. Es scheint, daß man in Berlin so viele vexatorische
Maßregeln verlangt, damit die Bewohner von Elsaß-Lothringen zur Ver-
zweiflung gebracht und zu Aufständen getrieben werden, damit man dann
sagen kann, das Zivilregiment tauge nichts, man müsse den Belagerungs-
zustand erklären. Dann geht die Gewalt auf den kommandierenden
General über, der Statthalter muß abtreten, und dann wird der General
wieder ganz mild, und der Statthalter wird ausgelacht, daß er darauf
hereingefallen ist. Ich bin deshalb entschlossen, die Bismarcksche Zumutung
zurückzuweisen, selbst auf die Gefahr hin, mit Bismarck und seinem Herrn
Sohn in Konflikt zu geraten. Wir werden sehen, was daraus entsteht.
Die Unterstaatssekretäre sind der Meinung, daß ich mich den Bismarckschen
Wünschen fügen müßte. Es ist aber jetzt gerade noch der letzte Moment,
mit Ehren aus der Sache herauszukommen. Gebe ich jetzt nach, so wende
ich die schließliche Katastrophe des Militärregiments doch nicht ab, trete
aber dann nicht mehr mit Ehren ab.