Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

472 Straßburg (1885 bis 1894) 
einen deutschen Bischof, will nichts von Korum wissen, der im Kultus- 
ministerium Freunde zu haben scheint, und erwartet meine Vorschläge. Er 
wird heute mit dem Kaiser sprechen, da er meint, daß ich heute nicht 
empfangen werden würde, und wird mir dann über das Resultat seiner 
Unterredung Nachricht geben. Ueber die Persönlichkeit, die ich nach Rom 
schicken will, wird er den Kaiser fragen. Anfangs war er dagegen, ließ 
sich aber überreden. Vom hiesigen Kultusministerium will er nichts wissen. 
Die könnten schon mit der Posener Sache nicht fertig werden und müßten 
von der Straßburger Sache ferngehalten werden. Im allgemeinen bin ich 
mit der Konferenz bei Caprivi sehr zufrieden. Er war offen und freund- 
lich wie immer. 
Straßburg, 19. Dezember 1890. 
Nachdem die kaiserliche Genehmigung eingetroffen war, telegraphierte 
ich an Czapski, 1) hierherzukommen, und gab ihm die nötigen Instruktionen, 
worauf er nach Rom abreiste. Er soll in erster Linie für Kraus, in 
zweiter Linie für Fritzen wirken. Seine bisherigen Nachrichten lauten 
nicht hoffnungsvoll. 
Unterdessen kam gestern Domkapitular Straub zu mir und sprach von 
dem schon früher in Anregung gebrachten Gedanken, das Bistum Straß- 
burg wieder auf seine alten Grenzen jenseits des Rheins zurückzuführen, 
ihm das Unterelsaß zu lassen und ganz Baden von der Oos an zu geben 
und Freiburg mit dem Oberelsaß zu verbinden. Die Vorteile einer solchen 
Organisation lägen auf der Hand. Nur hatte ich weder bei dem Groß- 
herzog noch bei Kraus viel Anklang gefunden, als ich bei ihnen den Plan 
zur Sprache brachte. Ersterer meinte, die Schwierigkeiten seien zu groß, 
während Kraus die Persönlichkeit des jetzigen Erzbischofs als eine nicht 
zu überwindende Schwierigkeit bezeichnete. Ich erwähnte dies, ohne Kraus 
zu nennen. Straub meinte, das sei nicht richtig. Der Erzbischof könne 
nach Posen versetzt werden, und dann entstehe eine Sedisvakanz, Straß- 
burg sei jetzt frei, der Moment also sehr günstig. Ich konnte ihm nicht 
gut sagen, daß ich schon bezüglich der Bischofsfrage Schwierigkeiten genug 
in Rom fände und daß ich die Sache jetzt nicht noch schwieriger machen 
wolle. Denn davon ahnt augenscheinlich Straub nichts, daß der Papst 
unter dem Einflusse der Jesuiten steht. Es bestehen in dieser Beziehung 
bei Laien und Geistlichen große Illusionen. Niemals werden Jesuiten es 
zugeben, daß das wirksamste Mittel, Elsaß-Lothringen von Frankreich los- 
zulösen, nämlich obige Neueinteilung der Diözesen, zur Ausführung komme. 
  
1) Graf Czapski war von dem Fürsten ausersehen worden, in vertraulicher 
Weise in Rom wegen der Bischofsernennung zu verhandeln.
	        
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