Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

476 Straßburg (1885 bis 1894) 
der im übrigen auch hier gern populär sein würde, etwas scheu. Marschall 
läßt sich von denselben Motiven leiten. Ihm und seinen Trabanten ist auch 
die Verschärfung des Paßzwangs zuzuschreiben. Die Herren des Landes- 
ausschusses glauben, daß nun bald Instruktionen von Berlin kommen 
werden, die eine mildere Handhabung vorschreiben würden. Ich glaube 
dies nicht. In den zwei Strömungen, die in den leitenden Berliner Kreisen 
herrschen, hat die militärische die Oberhand. 
Straßburg, 20. März 1891. 
Eben war Pascal David bei mir, um mir mitzuteilen, daß gestern 
vier oder fünf Herren, Deutsche von hier und Kehl, bei ihm erschienen 
seien, um ihm zu sagen, es sei an der Zeit, am 1. April einen großen 
Kommers zu Ehren Bismarcks abzuhalten. Dabei rechnen die Herren 
darauf, daß ich dem Kommers anwohne und eine Rede auf den gekränkten 
Einsiedler im Sachsenwalde halten würde! Sie übergaben sofort an Pascal 
David einen Aufruf mit der Bitte, ihn zu veröffentlichen und selbstver- 
ständlich mit einem Leitartikel zu begleiten. Pascal David war in großer 
Verlegenheit, was er den Leuten antworten sollte, und redete hin und her, 
um schließlich sie zu bitten, morgen wieder zu kommen. Er fragte dann, 
was er tun solle. Ich sagte ihm, er möchte ganz offen mit den Leuten 
reden, ihnen sagen, der Gedanke, ein Fest zu Ehren des Fürsten Bismarck 
abzuhalten, sei ja ein ganz guter; doch dürfe nicht unbeachtet bleiben, daß 
im gegenwärtigen Augenblicke die Beziehungen zwischen dem Kaiser und 
dem Fürsten gespannte seien. Infolgedessen würde der beabsichtigte Kom- 
mers eine Bedeutung erhalten, die die Herren wohl selbst nicht beabsichtigt 
hätten. Das schien Pascal David einzuleuchten, und er erklärte sich bereit, 
die Herren in diesem Sinne zu bescheiden! 
Zeitungsartikel aus der Hand des Fürsten, mit geringen 
Aenderungen abgedruckt in Nr. 88 der „Straßburger Post“ 
vom 29. März 1891. 
Der vom „Temps“ veröffentlichte Briefwechsel des Herrn von Werner, 
Direktors der Akademie und Präsidenten der Ausstellungskommission in 
Berlin, mit den Pariser Malern und mit dem französischen Botschafter 
in Berlin gibt uns zu einigen Bemerkungen Anlaß. Wenn in Betracht 
gezogen wird, daß französische Künstler ihre Werke in München und Stutt- 
gart ausgestellt haben, so konnte erwartet werden, daß dies auch in Berlin 
geschehen würde. Jedenfalls hätte man dies ruhig abwarten sollen, statt 
den Versuch zu machen, sie mit überschwenglichen Ausdrücken der Be- 
wunderung zur Teilnahme an der Ausstellung zu veranlassen. Eine ein- 
fache Anzeige an den Botschafter der französischen Republik mit dem
	        
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