Straßburg (1885 bis 1894) 479
nun wie der „Harmlose“ im Englischen Garten in München „neu gestärkt
zu meiner Pflicht zurück".
Gestern traf ich den sehr alt und taub gewordenen Maxime Ducamp
in der Lichtentaler Allee. Er kam auf die Reise der Kaiserin Friedrich
zu sprechen und tadelte besonders, daß sie überhaupt Maler besucht habe.
Unter den ohnehin eiteln Franzosen seien die Künstler die eitelsten. Indem
die Kaiserin zwölf besuchte, habe sie zweitausend vor den Kopf gestoßen.
Ja, selbst die Reihenfolge habe sie verletzt. Als man Carolus Durand
beglückwünschte, daß die Kaiserin bei ihm gewesen sei, sagte er: „Comment,
cette . tein Schimpfwort) a été6 Tabord chez Bonnat!“ Die Haupt-
dummheit hat aber der Direktor der Ecole des beaux Arts gemacht, der,
als ihm der Besuch der Kaiserin angekündigt wurde, den Kranz von der
Büste des bei Le Bourget gefallenen Renauld wegnehmen ließ, „parce que
cela pourrait faire une mauvaise impression“. Da nun die Ecole des
beaux Arts dreitausend Schüler hat, die auf ihre Kosten stets den Lorbeer-
kranz erneuern, so entstand große Aufregung, und die Schüler schickten
nun zu Déroulede, der dann seinen Spektakel anfing.
Buda, 4. September 1891.
Am 1. September fuhren wir Nachmittags von Werki nach Wilna,
um den Zug nach Minsk und Stolbzy zu nehmen, von wo aus man nach
Naliboki fährt. Wir trafen auf dem Bahnhofe den entgegenkommenden
Bahninspektor, früheren Adelsmarschall des Mohilewer Kreises, der mir
sagte, sein ehemaliger Regimentskommandeur und Freund General Tscher-
najew sei bei ihm abgestiegen, sei in die Stadt gefahren und werde sofort
zurückkommen. Dann werde er mir ihn vorstellen. Er sei ein Mann
von sehr versöhnlichen Gesinnungen und kein Chauvinist. Ich ließ das
dahingestellt, und als Tschernajew kam, gab ich ihm die Hand. Ich hätte
gern noch mit ihm gesprochen, aber der Zug ging ab, und wir mußten
einsteigen. Tschernajew hat das Gesicht eines alten Tataren oder eines
alten Zuchthäuslers. Um 9 Uhr waren wir in Minsk, um 12 Uhr in
Stolbzy, wo wir Wagen fanden. Marie nahm in dem Coupé Platz, ich
fuhr mit Alexander in einer offenen Kalesche. Die Nacht war warm,
sternhell und die Fahrt äußerst angenehm. Nach sechs Stunden Fahrt
kamen wir früh nach Naliboki, tranken im Schlößchen Kaffee und Tee
und fuhren dann in etwa einer Stunde nach Buda. Dort fanden wir
das neue, im russischen Stil gebaute Jagdhaus, sehr elegant und bequem.
Marie und ich zogen vor, in dem kleinen, alten Haus abzusteigen. Abends
gingen wir auf die Pirsch, ohne Resultat.
Den 3. war Treibjagen in der Nähe von Rowzy. Nach den beiden
ersten Treiben, in welchen Marie ein Elchtier schoß, frühstückten wir im