Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Straßburg (1885 bis 1894) 489 
1. Wie hat sich die eigentliche Aristokratie, das, was man die „Sozietät“ 
nennt, zu der Bismarckschen Hochzeit gestellt? 
2. Wie ist Kaiser Franz Joseph für unsern Kaiser gestimmt? 
3. Sind Anzeichen vorhanden, daß der Zerfall der österreichischen 
Monarchie jetzt eine raschere Gangart einschlage? 
Was die Frage 1 betrifft, so hat sich die hohe Aristokratie fern- 
gehalten. Graf Palffy gehört zwar dazu, wird aber als ein Original 
angesehen. Daß Verwandte der Gräfin Andrässy dazu gekommen sind, 
erklärt man sich aus der Rücksicht, die die Dame von ihren Verwandten 
erwarten konnte. 
Zu 2. Auf meine Frage, wie der Kaiser mit unserm Keiser stehe, 
wurde mir geantwortet: „Natürlich ganz vortrefflich.“ Und auf meine 
weitere Frage: „Besteht bei Ihnen keine Verstimmung gegen unsern Kaiser?" 
sagte mein Gewährsmann: „Nicht im entferntesten."“ 
Im übrigen sieht es hier aus wie immer. Sehr vertrauensvoll 
sieht niemand in die Zukunft, aber besonderer Anlaß zu Besorgnissen 
besteht nicht. 
Straßburg, 7. Juli 1892. 
Am Montag dem 4. fuhr ich nach Frankfurt, um dort der standes- 
herrlichen Generalversammlung beizuwohnen. 
Den andern Tag hatte ich mich bei der Kaiserin Friedrich in Hom- 
burg gemeldet und war auf 1 Uhr zum Lunch geladen. Die Kaiserin 
empfing mich um 12 Uhr, war sehr freundlich und kam bald auf die 
Bismarcksche Angelegenheit zu sprechen. Sie sagte, sie wundere sich gar 
nicht darüber, Bismarck sei eine kampflustige Natur und werde nie auf- 
hören zu kämpfen. Er könne gar nicht anders. Sie erzählte von früheren 
Vorgängen, von dem unbegründeten Mißtrauen Bismarcks gegen sie und 
die Kaiserin Augusta und meinte, daß es nur der Ruhe und Milde Kaiser 
Wilhelms zu danken sei, wenn Bismarck Erfolge gehabt habe. Er sei ein 
sehr gefährlicher Gegner, aber doch nicht antimonarchisch. Dazu sei er zu 
preußisch. Aber herrschen wolle der brandenburgisch-preußische Adel, wenn 
auch mit dem Könige. 
Alt-Aussee, 31. Juli 1892. 
Nachdem ich mich vor einigen Tagen brieflich durch den General- 
adjutanten Grafen Paar bei dem Kaiser Franz Joseph gemeldet hatte, 
wurde ich auf gestern 3 Uhr zur Tafel geladen. Ich fuhr um 12 Uhr 
ab, kam um ½2 Uhr nach Ischl, wo mich eine Hofequipage erwartete. 
Nach einem kurzen Besuch bei Konstantin ging ich in die „Post“, wo ich
	        
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