Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Straßburg (1885 bis 1894) 513 
Lassen Sie uns darauf unser Glas leeren und stimmen Sie ein in 
den Ruf: Die Kaiser-Wilhelms-Universität und ihr würdiger Rektor — sie 
leben hoch! 
Journal. 
Berlin, 16. August 1894. 
Um 7 Uhr war ich in Berlin. Nachdem ich gebadet und mich um- 
gezogen hatte, ging ich zu Caprivi. Ich teilte ihm mit, was ihn aus dem 
Reichslande interessieren konnte. Caprivi meint, ich würde den Kaiser 
nur bei dem Paradediner sehen. Die amerikanischen Zollsachen, von denen 
mir schon Schraut gesprochen hatte, machen ihm viele Sorge. Die 
Amerikaner wollen den Zoll auf Zucker denjenigen Staaten gegenüber 
erhöhen, welche ihren Fabrikanten Exportprämien gewähren. An einen 
Zollkrieg mit Amerika sei nicht zu denken. Die Agrarier würden diese 
Frage, bei der die Regierung nichts tun könne, benutzen, um dem 
Ministerium Schwierigkeiten zu bereiten. Saurma, den man zum Bot- 
schafter dort ernannt habe, weil der König von Württemberg den viel 
fähigeren Holleben, der vorher in Washington war, in Stuttgart haben 
wollte, sei der Lage nicht gewachsen. Ich fragte zuletzt noch, was Caprivi 
dazu sagen würde, wenn ich Bulach zum Bezirkspräsidenten machen wollte. 
Er riet entschieden ab. Die Lage sei nicht derart, um jetzt schon den Ver- 
such zu wagen. Die kommandierenden Generale klagten, wie Caprioi sagt, 
über die vielen französischen Offiziere, die hereinkämen. Doch rät Caprivi 
mir, mich darum nicht zu kümmern. 
Berlin, 18. August 1894. 
Heute fand die Parade des ganzen Gardekorps statt. Ich fuhr aber 
nicht hinaus, um mich nicht unnötig zu ermüden, da ich Abends nach 
Potsdam zu dem Diner fahren mußte. 
Um 3/45 fuhr ich mit Diringshofen auf die Bahn, um den Extrazug 
nach dem Wildpark zu benutzen. Es dauerte ziemlich lange, bis der Kaiser 
kam, da Caprivi Vortrag hatte. Der Kaiser grüßte mich im Vorbeigehen 
flüchtig, und dann ging man zu Tisch. Eine sehr große Tafel. Ich saß 
zwischen Fritz Hohenzollern und Albedyll. Nach Tisch wurde ich von 
Kanitz in die Nähe des Kaisers geführt, dem ich von unsrer russischen 
Sache sprach. Er war mit mir darin einverstanden, daß auf schriftlichem 
Wege nichts zu erreichen sei, und stimmte mir zu, als ich sagte, ich würde 
gut tun, im Winter nach Petersburg zu gehen. Dann fragte ich ihn nach 
dem Thronfolger, von dem er viel Gutes erwartet und den er für einen 
gescheiten Menschen hält, der ein ganz andres System befolgen werde. 
Ich sprach noch von der theologischen Fakultät in Straßburg. Dann ging 
Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. II 33
	        
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