Aufgebot der Verlobten. 173
mündlich Erbietende aber muß die Gewährung oder das Versprechen eines Vortheils
ausdrücklich zur Bedingung der Ausführung des Verbrechens machen. Ange-
nommen im Sinn des Absatzes 3 cit. ist die A. nicht, wenn der Aufgeforderte
unter Verzichtleistung auf den angebotenen Vortheil das Verbrechen auszuführen
erklärt, angenommen ist ebenso das Erbieten nicht, wenn nicht auch die Erklärung
erfolgt, den verlangten Vortheil zu gewähren. 6
Die Strafe für A. und Erbieten ist: 1. Wenn das Verbrechen, zu welchem
aufgefordert 2c. wird, mit dem Tod oder mit lebenslänglicher Zuchthausstrafe be-
droht ist, Gefängniß nicht unter drei Monaten, also nie Festungshaft, während
solche doch selbst für „vollendete“ Anstiftung nach den I§ 81, 87, 88, 90, 94 des
Straf GB. in Verbindung mit § 48 Abf. 2 zulässig ist! Die Strafdrohung ist auch
im Widerspruch mit § 111 einerseits, § 159 andererseits. In den übrigen Fällen
tritt Gefängniß oder Festungshaft bis zu drei Jahren ein. — Neben der Gefängniß-
strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und Zulässigkeit von Polizei-
aussicht erkannt werden (§ 49 a Abs. 4). — Das Oesterr. Straf GB. und der
Oesterr. Entwurf enthalten keine Bestimmung über Erbieten zu Verbrechen, wohl
aber über versuchte Anstiftung (s. den Art. Anstiftung); der Ausschuß-
Entwurf will auch das Erbieten zu vorsätzlicher Tödtung mit Zuchthaus bis zu
fünf Jahren bestrafen.
Lit.: Geyer in v. Holtzendorff's Handb. IV. S. 143 ff. — Meves, Die Strafgesetz-
novelle, S. 16 ff., 327 ff. — Stemann im Gerichtss. 1876.
Ssr Deutsches StrafG B. § 49 a (vgl. §§ 85, 111, 112, 159). — Oesterr. Entw. II.
§ 221, Abs. 2. Geyer.
Aufgebot der Verlobten. In Wiederholung und Ergänzung einer An-
ordnung des 3. Lateranensischen Konzils von 1215 hat das Trienter Konzil
vorgeschrieben, daß die Verlobten vor der Eheschließung sich von dem oder
den beiden Pfarrern ihres Domizils bzw. ihrer Domizile an drei aufeinander
folgenden Fest= bzw. Sonntagen öffentlich während des Gottesdienstes aufbieten,
d. h. ihren Entschluß, sich verehelichen zu wollen, bekannt machen lassen
sollen, damit etwaige zwischen ihnen bestehende Ehehindernisse angezeigt werden
können. Eine Nichtigkeit der Ehe entsteht aber aus der Unterlassung des A.
(banna nuptialia, proclamationes, denunciationes matrimoniales) nicht. Die
evangelische Kirche hat die Vorschriften des Kanonischen Rechts über die
Nothwendigkeit und die Wirkung des A. ebenfalls angenommen. Auch der jetzt
in Deutschland geltenden Eheschließung vor dem Standesbeamten hat ein A. vor-
auszugehen. Dasselbe hat die Personalien der Verlobten und ihrer Eltern zu
enthalten und ist durch einen zweiwöchentlichen Aushang am Gemeindehaufe oder
an der sonstigen, zu Publikationen der Gemeindebehörden bestimmten Stelle bekannt
zu machen und zwar in der Gemeinde oder den Gemeinden, wo die Verlobten ihr
Domizil haben, wenn einer der Verlobten seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb
seines Wohnsitzes hat, auch in der Gemeinde des ersteren, endlich bei einem inner-
halb der letzten sechs Monate erfolgten Wechsel des Domizils außerdem in der Ge-
meinde des letzteren. Das A. ist nach vorgängiger Prüfung der Statthaftigkeit
der beabsichtigten Ehe von demjenigen zuständigen Standesbeamten, d. h. dem
eines der Domizile oder des gewöhnlichen Aufenthalsorts des Verlobten, welcher von
diesem um die Vornahme der Eheschließung angegangen worden ist, und unter Re-
quisition der Gemeindebehörden der Bekanntmachungsorte zu bewirken. Eine Dis-
pensation vom A. durch die kompetente Staatsbehörde ist statthaft, auch kann der
Standesbeamte bei ärztlich bescheinigter Krankheit eines der Verlobten ganz von
demselben absehen. Das A. verliert seine Kraft, wenn seit seiner Vollziehung sechs
Monate verflossen sind, ohne daß die Ehe geschlossen ist und muß also behufs Er-
möglichung derselben wiederholt werden. Die Unterlassung macht die trotzdem ge-
schlossene Ehe nicht nichtig, zieht aber für den Standesbeamten Geldstrafe nach
sich. Während die katholische Kirche gegenüber den Vorschriften des Reichspersonen-