204 Ausschließung der Gerichtspersonen.
Gegenleistung zu zwingen. Dieses Recht entspringt aber nur aus der mit Be-
ziehung auf die A. geschehenen Leistung: wenn Jemand die betreffende Leistung
(z. B. Wiederbringen der vermißten Sache, Anzeige des Verbrechers) gemacht hat,
ohne von der ausgeschriebenen Prämie Etwas zu wissen, so hat er darauf ebenso
wenig Anspruch, als wenn er gar nichts gethan hätte. — Widerruf von Seiten
des Auslobers muß ebenso öffentlich erfolgen, als das Angebot selbst, hat aber
natürlich keine rückwirkende Kraft, so daß wer die Leistung schon begonnen, d. h.
zu deren Effektuirung bereits Etwas gethan hat, bei vorschriftsmäßiger Ausführung
derselben seinen erworbenen Anspruch auf die versprochene Gegenleistung durch den
inzwischen kundgethanen Widerruf nicht verliert. In demselben Maße bleiben,
wenn der Auslober stirbt, dessen Erben gebunden. Wird die Leistung von Meh-
reren effektuirt, ohne daß in der A. selbst der Fall vorgesehen wäre, so hat in
der Regel der Auslober die zugesagte Summe doch nur einmal zu bezahlen, näm-
lich an den diligentior; ist keine Prävention, so mögen die Konkurrenten theilen
oder loosen.
Diese Grundsätze, welche hauptsächlich Vangerow aufstellt, scheinen sowol
der juristischen Konsequenz, als auch den Rücksichten der Billigkeit zu entsprechen.
Savigny betrachtete die A. als Vertrag mit einer unbestimmten Person und ließ
gegen den Auslober nur eine Klage auf Schadenersatz es dolo zu. Arndts rechnet
die A. zur Pollizitation.
Quellen: A. LR. I. 11, §§ 988—995 (Prämien).
Lit.: Vangerow, § 603. — Windscheid, § 309. — Brinz, § 248.— v. Bülow,
Abh. über einzelne Materien des bürg. R., I. (1817). — Ihering in den Dogm. Jahrbb.
IV. — Schütze in Bekker's Jahrbb. V. — Regelsberger, Civilrechtl. Erörterungen, I.
(1868). — Tszchirner, De indole ac natura promissionis popularis (1869). — Exner,
Krit. V.J.Schr. XI. — Siegel, Das Versprechen als Verpflichtungsgrund im heutigen R.,
Berlin 1873. — Unger, Das Versprechen als Verpflichtungsgrund, in Grünhut's Zeit-
schrift, I. — F. Hofmann, Die Entstehungsgründe der Obligationen, Wien 12¾. ç
ivier.
Ausschließung der Gerichtspersonen (Th. J. S. 610). Schon das Ge—
meine R. hatte in den Lehren vom judex incapax (vel natura-Mangels der körper-
lichen Wahrnehmungs- und Urtheilsfähigkeit, vel lege-Mangels der erforderlichen
Rechtskunde, Konfession und sittlichen Integrität) sowie vom judex inhabilis (d. i.
von dem an sich fähigen, aber bei Meiden der Nichtigkeit im Einzelfall gesetzlich aus-
geschlossenen Richter) und vom judex suspectus (d. i. von dem an sich fähigen Richter,
welcher im Einzelfall trotz gewisser Beziehungen fungiren kann, bis eine Ablehnung erfolg-
reich eingetreten) Grundsätze darüber aufgestellt, welche Personen absolut und welche
nur in der Beziehung zu gewissen Streitsachen und Parteien vom Richteramt auszu-
schließen seien. — Das neue Deutsche Reichsrecht, welches die Kapazität hinsichtlich
der Vorbildung im G. 58 2—5, 10, 11 feststellt und die Ablehnung wegen Besorg-
niß der Befangenheit besonders ausscheidet (s. d. Art. Ablehnung des Richters),
versteht unter der A. lediglich die Inhabilität. Die Erfahrung verbietet
nämlich in gewissen Fällen regelmäßig volle Unbefangenheit einerseits, volles Ver-
trauen andererseits zuzumuthen und zu erwarten. Hier kommt 1) der Rechtssatz
„nemo in propria causa judes esse potest“ in Betracht; der Richter ist von jeder
Amtsthätigkeit ausgeschlossen, wenn der Ausgang des Rechtsstreits sein Privat-
interesse oder das seiner Ehefrau oder Mündel oder der (durch eheliche, uneheliche,
künstliche Verwandtschaft oder Verschwägerung bis zu gewissen, landrechtlich zu be-
rechnenden Graden) ihm nah verbundenen Personen der Art berührt, daß er oder
sie Kläger, Privat= oder Nebenkläger, Antragsteller, Verletzter, Beschuldigter oder
Beklagter sind oder zu einer Prozeßpartei im Verhältniß einer Regreßschuld, einer
Mitverpflichtung oder Berechtigung stehen; dies gilt selbst nach gelöster Ehe oder
Vormundschaft; sonstige persönliche Beziehungen zu einer Prozeßpartei, selbst Braut-
schaft, begründen nicht die A., können aber als Rekusationsursache gebraucht wer-
den. Auch bringt die Uebertretung des landesgesetzlich vorkommenden Verbots der