260 Bekenntnißzwang.
schwächungen, noch im heutigen Oesterr. R. Das Straf GB. kehrt zur deutsch-
rechtlichen Anschauung zurück und stellt die Strafe der B. der des Versuchs gleich;
ebenso der Oesterr. Entw. — Da die B. aufzufassen ist als absichtliche (dolose)
Mitwirkung zu einem Verbrechen, so haftet der Gehülfe nicht ohne Weiteres als
Mitschuldiger, wenn der Thäter einen „Exzeß“ begeht, d. h. ein anderes Verbrechen
verübt, als dasjenige, welches der Gehülfe unterstützen wollte (vgl. oben Th. I.
S. 723). — Daß es eine mittelbare B., d. h. eine B. zur B., absichtliche (dolose)
Unterstützung eines Verbrechensgehülfen, geben kann und daß sie im Wesentlichen
denselben verbrecherischen Charakter hat, wie die unmittelbar dem Thäter geleistete
B., wird fast allgemein anerkannt (anderer Meinung etwa nur Berner). B. zu
einer Uebertretung wird nach dem D. Straf G. nicht gestraft.
¾!r Stasgsb= D. Straf GB. 8§ 49, 50. — Oesterreich §§ 5, 239; Oesterr. Entw. I u.
. &8 50 -52.
Wit.n Außer den bei dem Art. Anstiftung angeführten Schriften og- man noch C. 0.
Müller, De auctorum et ministrorum criminis differentia, Halis 1842. — Fr. A. Sin-
ner, De auxiliatoribus et socüis principalibus etc., Berol. 1843. — F. V. Ziegler, Die
Theilnahme an einem Verbrechen 2c., Marb. 1845. — Geyer in v. Holtzendorff's Handb. II.
S. 378 ff. und IV. S. 165 ff. — Thomsen, GS. 1877, S. 539. Geyer.
Bekenntnißzwang (der Geistlichen). In den Symbolen oder Be-
kenntnißschriften formuliren die einzelnen Kirchen ihre Auffassung von der Offen-
barung Gottes und setzen sich dadurch mit den anderen christlichen Religionsgesell-
schaften auseinander. Die Symbole enthalten also den adäquaten Ausdruck des
Kirchenglaubens, und wie von ihrer Annahme die Zugehörigkeit einer Person zu
einer Kirche abhängt, so find auch die im Dienst der letzteren stehenden Geistlichen
als ihre Diener resp. ihre mit der Lehre betrauten Organe an das kirchliche Be-
kenntniß gebunden.
Die römisch-katholische Kirche erkennt das Symbolum Apostolicum
resp. dessen spätere Redaktionen (Symbolum Nicacnum 325, Nicaeno-Constantino-
politanum 381, Athanasianum sec. V.) als die höchste Norm ihres Glaubenslebens
an. Gegen eine Abweichung davon wahrt sie sich durch die Vorschrift, wonach die
Geistlichen vor dem Antritt ihres Amtes zu einer eidlichen Bekräftigung ihrer Or-
thodoxie in der gelegentlich des Trienter Konzils vom Papst Paul IV. verordneten
Formel (Bul. Injunctum nobis vom 13. Novbr. 1564) gehalten sind (professio fidei
Tridentina).
Ebenso hat die evangelische (lutherische wie reformirte) Kirche von jeher
eine ausdrückliche Verpflichtung der Geistlichen auf die Symbole (Augsburger
Konfession 2c., Heidelberger Katechismus 2c.) für nöthig gehalten und dieselbe in
Folge der konfessionellen Streitigkeiten gleichfalls vielfach zu einer eidlichen ge-
macht. Die ältere Form lautete: Ego N. N. sancte promitto, me in proponendis
Christianae Religionis veritatibus normam librorum Ssymbolicorum esse secuturum
uin (später duatenus) concordant cum Scriptura Sacra. Heute ist der Revers
von den verschiedenen Landeskirchen vielfach abweichend normirt. (Wegen Preußen
vgl. Jacobson, Evang. Kirchenrecht des Preuß. Staates, S. 391 ff.) Ueber-
nommen wird die Verpflichtung bald gelegentlich des theologischen Examens, bald
in der Kollationsurkunde, bald bei dem Ordinationsakt, bald erst bei der Ein-
führung in das Amt. Immer aber ist der Geistliche dadurch verbunden, das ihm
auf das Bekenntniß hin ertheilte Amt der von ihm bekannten Wahrheit gemäß zu
führen und es zu verlassen, wenn er anderer Ueberzeugung wird. „Die Negirung
des Gebundenseins des geistlichen Amtsträgers an das Bekenntniß der Kirche ist
eine Negirung der Kirche selbst. Wenn man den Richter ermächtigt, nicht mehr
dem objektiven Gesetz, sondern seinem oder einem Majoritätsgefühl Ausdruck im
Erkenntniß zu geben, so hat man Willkür statt Recht statuirt.“ (Büff.)