Einlassung. 635
reden des unzulässigen Rechtsweges, der sachlichen Unzuständigkeit, wenn der An-
spruch nicht vermögensrechtlicher Art ist, von jeder Unzuständigkeit, wenn der An-
spruch vor einen ausschließlichen Gerichtsstand gehört, und von der Einrede der
mangelnden Prozeßfähigkeit oder mangelnden gesetzlichen Vertretung gilt. In der
Berufungs= und Revisionsinstanz können prozeßhindernde Einreden nachgeholt
werden, wenn der Beklagte glaubhafter Weise sie ohne sein Verschulden in erster In-
stanz nicht vorbringen konnte; aber zur Verweigerung der Verhandlung über die
Hauptsache berechtigen sie hier nicht mehr, wenngleich das Gericht von Amtswegen
ihre abgesonderte Verhandlung verordnen kann. Auch im Urkunden= und Wechsel-
prozeß berechtigen prozeßhindernde Einreden nicht zur Weigerung der E., doch kann
auch hier das Gericht ihre besondere Verhandlung von Amtswegen anordnen. Da-
mit scheint indessen die E. für diese Prozedurart ihre Bedeutung nicht gänzlich ein-
büßen zu sollen, da immerhin doch Benennung des Auktors und die übrigen vorhin
genannten Einreden kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung die Befugniß, sie zu.
weigern, auch hier gewähren. Unvereinbar dagegen erscheint die E. mit dem Auf-
gebots= sowie mit dem Arrestverfahren, bei welchem es sich ja immer nur um den
Arrest, nicht um die Entscheidung der Hauptsache handelt; ferner mit dem Konkurs-
verfahren, bezüglich dessen jedoch hinsichtlich der Spezialprozesse nach § 134
Abs. 2 der KO. eine Abweichung stattfindet, mit dem Mahnverfahren, wofern
nicht Widerspruch erhoben und die Sache im ordentlichen Prozesse mündlich ver-
handelt wird, endlich mit dem amtsgerichtlichen Beschlußverfahren über die Ent-
mündigung und deren Wiederaufhebung.
Der Begriff der E. hat seine Wurzel in der Röm. Litiskontestation. Diese
war ursprünglich eine in jure vor dem Magistrate vorgenommene Aufrufung von
Zeugen dafür gewesen, daß und wie das judicium unter den Parteien geordnet sei.
Später hat die Zeugenaufrufung als realer Akt aufgehört und ist die Litiskon-
testation, wie die ausdrücklich von ihr handelnde lex una C. de litis contestatione
3, 9 bezeugt, nur fingirt worden, und zwar im Formularprozeß nach Keller's
wohl begründeter Annahme mit dem Momente der Vollendung oder Aushändigung
der Formel, nach Wegfall der Formeln im Libellprozeß, wie das erwähnte Gesetz
gleichfalls bestätigt, mit dem Anfang der klägerischen narratio negotü principalis,
der thatsächlichen Begründung der actio, welche als Eröffnungsakt der Verhand-
lung in jadicio die ihr seit der Abschaffung der judicis datio durch Diokletian un-
mittelbar voraufgehende Verhandlung in jure abschloß und nach der Beseitigung
der Formeln der einzige Akt war, welcher in allen Prozessen das Ende dieser Ver-
handlung fixirte. An den Zeitpunkt der Litiskontestation hatten sich manche theils
prozessuale, theils für das materielle Recht bedeutungsvolle Wirkungen geknüpft,
welche sich theilweise an jede Prozeßführung knüpfen und welche nach Keller's
höchst wahrscheinlicher Vermuthung den Grund abgegeben haben, warum man nach
der Beseitigung der Zeugenaufrufung die Litiskontestation durch Fiktion festhielt.
Es sind dies theils Wirkungen des Prozeßanfangs, wie Ausschluß der Klagenver-
jährung, Litigiosität des Streitgegenstandes, Haftung des Beklagten für Zinsen,
Früchte, dolus und culpa u. a., theils Wirkungen der E.: die Parteien haben ihr
Rechtsverhältniß dem Spruche des judex unterworfen, sie sind an das judicium
gebunden, wie es unter ihnen konstituirt ist, der Beklagte kann keine Exceptionen
oder sonstige Defensionen vorbringen, die er nicht schon vorgebracht hat, dem Kläger
ist der Rücktritt von der Klage, ist jede Aenderung derselben sowie das Nachbringen
von Repliken abgeschnitten, es ist für beide Theile jeder Rückgriff auf das bisherige
Rechtsverhältniß ausgeschlossen. ·
Die meisten der angeführten Wirkungen sind auch dem heutigen Prozesse eigen,
kontrovers aber ist, an welchen Zeitpunkt sie sich heute anknüpfen. Eine sichere
Entscheidung kann sich nur aus der Geschichte der Litiskontestation im Gem. Pro-
zeß ergeben. Die älteste mittelalterliche Quelle, der Brachylogus, stellt den Satz