Gesammteigenthum. 127
lichen Gemeinschaftsverhältnisse zurückgegangen sind. Die unter sich wiederum ab—
weichenden Ansichten der Verfechter des G. können hier nicht dargestellt werden; es
sei nur die nach unserer Ansicht dem Wesen der in Frage kommenden Gemeinschafts-
verhältnisse entsprechende Auffassung angedeutet.
Am Begriffe des G. ist festzuhalten. Dasselbe umfaßt aber zwei ganz ver—
schiedene, im älteren Recht noch ununterschiedene, heute scharf entgegengesetzte Fälle:
das G. einer Genossenschaft, welches sich passend als G. im eigentlichen Sinne be—
zeichnen läßt, und die bloße Rechtsgemeinschaft zur gesammten Hand. Wenn man
will, mag man im ersteren Begriff nur eine durch das Deutsche und moderne Recht
ermöglichte Modifikation des Begriffes des Korporationsguts, im zweiten Begriffe
aber eine ebenso ermöglichte Modifikation des Kommunionsbegriffes sehen.
Das eigentliche G. ist ein in einer Gemeinde oder Genossenschaft nach ge—
nossenschaftlichem Prinzip zwischen Einheit und Vielheit vertheiltes Eigenthum. Es
ist der objektive Niederschlag der subjektiven Struktur der deutschrechtlichen Genossen-
schaften. Auch läßt es sich als getheiltes Eigenthum auffassen: einige Eigenthums-
befugnisse sind ausschließlich bei der juristischen Person des Ganzen, die übrigen
Befugnisse sind unter die Einzelnen zu Sonderrecht vertheilt. Die Theilung kann
dabei sehr verschiedener Art sein; sie kann z. B. entweder unmittelbare Nutzungs-
befugnisse an der Sache selbst für die Einzelnen begründen, wie beim Gemeinland,
oder sich überhaupt nur auf den Werth des Gesammtvermögens beziehen, indem
dieser in ideelle Quoten (Kuxe, Aktien, Antheile, Ertragsrechte) zerlegt wird, welche
den Einzelnen als Privatrechte zustehen. Die Sache, das Vermögen 2tc. ist hier
überall weder für das Ganze, noch für die Einzelnen eine fremde. Auch stehen sich
Recht der Einheit und Recht der Vielheit nicht etwa wie Befugnisse beliebiger
Personen an derselben Sache gegenüber, sondern sie gehören wesentlich und organisch
zusammen und werden durch die Genossenschaftsverfassung in ein einheitliches Institut
verwoben, das ohne dies nicht es selbst, sondern etwas ganz Anderes wäre. — Fälle
des eigentlichen G. sind die Gemeinschaftsverhältnisse an Gemeinländereien, die Güter
von Agrargenossenschaften, die Hausgüter des hohen Adels, korporative Ganerbschaften,
Gewerkschaften, Aktiengesellschaften rc.
Gemeinschaften zur gesammten Hand — ein so oder ähnlich (com-
municata, coadunata manu, gemeinschaft, eine hand rc.) in älteren Quellen viel ge-
brauchter und aus der Form der Aufnahme in die Gewere herzuleitender Ausdruck —
sind anzunehmen, wenn die Gemeinschaft zwar keine von den Gemeinern verschiedene
Person ist, doch aber kein römisches Miteigenthum, sondern ein deutschrechtliches ge-
meinschaftliches Eigenthum Mehrerer vorliegt. Die berechtigten Subjekte sind hier
durchaus nur eine Mehrheit: ihre Antheilsrechte aber sind nicht von einander un-
abhängige Individualrechte an innerlich unverbundenen ideellen Quoten, sondern sie
sind subjektiv oder objektiv oder in beiden Beziehungen gleichzeitig eins durch das
andere gebunden. Subjektiv, indem die Gemeiner in irgend einer dauernden und
engen Verbindung, die ihre Einzelwillen theilweise in eine gemeinsame Willenssphäre
aufgehen macht, nicht aber als beliebige unverbundene und souveräne Individuen
an das Vermögen herantreten; indem sie also nicht als beliebig durch andere In-
dividuen ersetzbare Individuen, sondern als so und so verbundene Individuen, als
Chepaar, Gesellschaft unter einer Firma u. f. w., als kollektiv geeinte Mehrheit das.
Subjekt sind. Objektiv, indem dieses Vermögen seinerseits als ein irgendwie ge-
schlossenes und gegliedertes Ganze (Sondervermögen), also in einer das an ihm mög-
liche Rechtsverhältniß bedingenden und bestimmenden objektiven Selbständigkeit, in
die Willens= und Herrschaftssphäre der Gemeiner fällt. Seine nähere Bestimmung
erhält der Begriff erst durch die rechtliche Natur des Institutes, bei dem er zur An-
wendung gelangt; es gehört gerade zum Wesen der gesammten Hand, daß die Art
der Rechtsbeziehungen unter den Subjekten auf das Sachenrecht einwirkt. Zu rechnen
sind hierher z. B. aus dem älteren Recht einzelne Fälle der Vergabungen von Todes