Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

134 Geschäftsordnung. 
turperiode zunächst nur provisorisch und erst nach Ablauf von vier Wochen definitiv 
gewählt. Nach anderen Verfassungen wird der Präsident von der Regierung aus 
drei ihr vorgeschlagenen Mitgliedern der Kammer gewählt (Sachsen-Altenburg, An- 
halt, Braunschweig, Baden erste Kammer) und die von der Kammer gewählten Vize- 
präsidenten von der Regierung bestätigt. Der Präsident der ersten Kammer wird 
sogar in einzelnen Ländern (Bayern, Württemberg, Hessen) von der Regierung aus 
der Zahl der Mitglieder frei ernannt. Regelmäßig bleiben die Beamten des Haufes, 
wie im Preußischen Land= und Deutschen Reichstage, nur für Eine Session, seltener 
für eine ganze Legislaturperiode, im Amte. 
Ist das Büreau, der Vorstand, das Direktorium des Hausfes gebildet, so werden 
die zur Vorberathung bestimmter regelmäßiger Geschäfte des Hauses vorgeschriebenen 
Kommissionen von den durch das Loos gebildeten Abtheilungen gewählt. 
Hierauf tritt das Haus in die Berathung der ihm vorliegenden Angelegenheiten 
ein. Letztere können ihm durch Vorlagen der Regierung, durch Anträge der Mit- 
glieder des Hauses und endlich durch Petitionen der Staatsangehörigen zugewiesen 
sein. Auch Anfragen der Mitglieder des Hauses an das Ministerium, sog. Inter- 
pellationen, können, wenn der interpellirte Minister sie beantwortet, zu einer Be- 
sprechung des Hauses über den Gegenstand der Interpellation Veranlassung geben. 
Regierungsvorlagen und Petitionen werden schriftlich abgefaßt und dem Präsidenten 
übergeben. Gleiches gilt für die in dem Hause selbst gestellten Anträge und Inter- 
pellationen, wenngleich diese außerdem mündlich eingebracht und begründet werden 
müssen; auch ist zu der Gültigkeit derselben nothwendig, daß sie von einer bestimmten 
Anzahl anderer Mitglieder des Hauses (im Deutschen Reichstage 15, bzw. 30) un- 
terstützt und unterzeichnet sind. 
In mehreren Ländern muß die Erledigung der Regierungsvorlagen allen an- 
deren Angelegenheiten vorgehen. Ist dies wie in Preußen und dem Deutschen Reichs- 
tage nicht vorgeschrieben, so müssen entweder die Anträge nach der Reihenfolge ihrer 
Einbringung erledigt werden, oder der Präsident hat die Tagesordnung frei festzu- 
setzen, d. h. zu bestimmen, welche Angelegenheiten und in welcher Reihenfolge sie 
zur Berathung und Beschlußfassung kommen sollen. Doch sind hierbei regelmäßig 
die kurzen Fristen zu berücksichtigen, welche von der an die einzelnen Mitglieder des 
Hauses vollzogenen Einhändigung der eingebrachten und vom Präsidenten in 
Druck gegebenen Anträge, Vorlagen und Kommissionsberichte bis zu der ersten Be- 
rathung des Haufes abgelaufen sein müssen. 
Wenngleich die meisten G. (auch die des Preußischen Landtags) die Vorbera- 
thung im Hause selbst, bzw. den sofortigen Eintritt in die Schlußberathung mit 
nachfolgender definitiver Beschlußfassung gestatten, so geht der letzteren doch regel- 
mäßig, bei Regierungsvorlagen in einzelnen Ländern sogar nothwendigerweise (z. B. 
Bayern, Baden, Württemberg, Hessen) die Vorberathung durch eine der bei dem Be- 
ginn jeder Session gewählten Kommissionen oder auch durch eine allein für die be- 
treffende Sache erwählte Kommission voraus, welcher überall die Minister und Re- 
gierungskommissare, nach der G. des Deutschen Reichstags die Mitglieder des Bun- 
desraths und die Kommissare, wol auch der Präsident des Hauses und der Antrag- 
steller mit berathender Stimme beiwohnen dürfen. Nach der G. des Deutschen 
Reichstags ist es jedoch vollständig in dessen freies Ermessen gestellt, ob eine Kom- 
missionsberathung stattfinden soll oder nicht, und überdies bestimmt, daß die erste 
Berathung stets im Plenum stattzufinden habe. Die Kommission läßt Gang und 
Resultat ihrer Verhandlungen mit dem Antrage auf Annahme, Abänderung oder 
Verwerfung durch die aus ihr und von ihr erwählten Referenten dem Hause vor- 
tragen: der Kommissionsbericht. Durch diesen wird der Verhandlung und Beschluß- 
fassung des Hauses nicht vorgegriffen; vielmehr können mit oder ohne Bezug auf die 
Anträge der Kommission Abänderungsanträge gestellt werden, sofern sie nur mit der 
Hauptfrage in wesentlicher Verbindung stehen und die vorgeschriebene Unterstützung
	        
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