Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Geschworene. 139 
daß die Zuziehung unzulässig ist (Schwebender Strafprozeß, nicht behobener Ver- 
dacht u. dgl.), Mangel der Eignung (incapaci), welcher durch das Dienstboten- 
verhältniß, Dispositionsunfähigkeit, Unkenntniß des Lesens und Schreibens begründet 
wird. — Das Deutsche Gesetz unterscheidet ebenfalls: Positive Voraus- 
setzungen der Berufung (nominell eigentlich nur die Eigenschaft als Deutscher), 
Gründe der Unfähigkeit, Gründe der Nichtberufung (nach zwei sehr von einander 
abweichenden Gesichtspunkten in den §§ 33 und 34 des GVG. gesondert). Diese 
verschiedenen Terminologien sind keineswegs gleichgültig, weil von ihnen theilweise 
die Verschiedenartigkeit der Wirkungen der bei der Heranziehung zum Dienst be- 
gangenen Fehler abhängt; allein in dem folgenden Versuche der Darstellung des 
sachlichen Inhalts der auf sie gestützten Bestimmungen wird zur Erleichterung der 
Uebersicht von denselben abgesehen; auch beschränkt sich dieselbe der Hauptsache nach 
auf die Bestimmungen der Gesetze für Oesterreich und Deutschland. Die Voraus- 
setzungen der Heranziehung zum G dienst sind demzufolge: 
a) Das männliche Geschlecht (im Oesterreichischen Gesetz ausdrücklich 
hervorgehoben: Männer). b) Alter, nicht unter 30 Jahre. c) Staatsbürger- 
liche Stellung, also in Deutschland Reichs= (nicht Landes-) Angehörigkeit, in 
Oesterreich das Heimathsrecht in einer Gemeinde der im Reichsrathe vertretenen 
Königreiche und Länder, welche wieder die Staatsbürgerschaft zur Voraussetzung 
hat; hierher gehört auch der seit längerer Zeit (Deutschland zwei Jahre, Oester- 
reich ein Jahr) begründete feste Wohnsitz in der Gemeinde. d) Fähigkeit. 
Unter diesem Gesichtspunkte wird gefordert, daß der Heranzuziehende des Lesens 
und Schreibens kundig sei (Oesterreich), daß er nicht wegen geistiger oder körper- 
licher Gebrechen zu dem Amte ungeeignet sei (Deutschland und Oesterreich). Das 
Oesterreichische Gesetz stellt außerdem noch einen Census auf (10 fl., eventuell 
5 fl. jährlicher direkter Steuern), der bei Personen, deren höhere Bildung durch ihren 
Beruf dargethan ist, entfällt. Das Italienische Gesetz geht von demfselben Gesichts- 
punkt aus; nur stellt es einen sehr hohen Cenfus auf (300, 200 und 100 Lire) 
und erweitert andererseits den Kreis der „Capacitäten“, bei welchen es auf denselben 
nicht ankommt. e) Würdigkeit. Sie fehlt Denjenigen, welche die Befähigung 
in Folge strafgerichtlicher Verurtheilung verloren haben, nach Deutschem R. auch 
Denen, über welche das Hauptverfahren unter Umständen eröffnet ist, unter welchen 
der Verlust der Fähigkeit zu öffentlichen Aemtern zu gewärtigen ist (in Oesterreich 
fällt die schwebende Untersuchung nicht unter den Gesichtspunkt der mangelnden 
Würdigkeit, sondern der fehlenden Unabhängigkeit), endlich Denjenigen, welchen 
durch gerichtliche Anordnung die freie Verfügung über ihr Vermögen entzogen ist 
(in Oesterreich auch noch in Konkurs gerathene Kaufleute bis zur Erlangung der 
kaufmännischen Rehabilitation). f) Unabhängigkeit. Aus diesem Grunde ent- 
fallen in Deutschland die Dienstboten und Diejenigen, welche für sich oder ihre 
Familie Armenunterstützung erhalten oder in den letzten drei Jahren erhalten 
haben (— in Oesterreich durch Aufstellung eines Census ersetzt); — in Oesterreich 
Diejenigen, welche sich „in strafgerichtlicher Untersuchung unter Anklage oder in 
Strafe befinden“. 8) In einem gewissen Sinne hängt es mit dem Erforderniß der 
völligen Unabhängigkeit zusammen, daß Personen, welche gewissen Zweigen des 
öffentlichen Dienstes angehören, nicht zum G. dienst berufen werden sollen; 
doch ist hierfür nicht dieser Gesichtspunkt allein, sondern auch der der Unentbehrlich- 
keit im Dienste maßgebend und durchkreuzen sich in den bezüglichen Bestimmungen 
(Deutsches GVG. § 34 und Oesterr. Gesetz über die Bildung der G.liste § 4) beide 
Gesichtspunkte. h) Der G. muß zur Prüfung der einzelnen Sache, über welche er 
entscheiden soll, die volle richterliche Unbefangenheit mitbringen; er ist also 
(Oesterr. Straf# O. § 306, Deutsches GG. §§ 22 und 32) von denjenigen 
einzelnen Sachen ausgeschlossen, von welchen unter gleichen Verhältnissen ein
	        
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