Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

140 Geschworene. 
Michte ausgeschlossen wäre. (Bgl. den Art. Ausschließung der Gerichts- 
personen.) 
2) Die Berufung zum G.dienst oder der Vorgang bei der Auswahl der 
G. ist in den verschiedenen Ländern auf so mannigfaltige Weise, durch aufeinander- 
folgende Gesetze geregelt worden, daß ein Versuch, eine Uebersicht über diese Ver- 
suche zu gewähren, viel Raum in Anspruch nehmen und doch nur sehr verworrene 
Vorstellungen erregen würde. Es wird daher besser sein, lediglich die maßgebenden 
Gesichtspunkte hervorzuheben. Nach dem ganzen Ursprung des G. gerichtes, das in 
diesem Sinne (gleich den ältesten Formen des Schöffengerichts) das gesammte Volk 
eben dadurch vertreten soll, daß die Mitglieder desselben, aus der Mitte der Be- 
völkerung herausgegriffen, gewissermaßen zum Ausdruck bringen sollen, was bei 
gleicher Gelegenheit, sich ein Urtheil über den Fall zu bilden, das ganze Volk 
darüber urtheilen würde, gehört ein gewisses zufälliges Herausgreifen 
aus der Bevölkerung hier zur Natur der Sache, jedenfalls soweit, daß der Willkür 
und parteiischen Berechnung jeder Einfluß versagt werden soll. Auf der andern 
Seite muß man es denn doch sehr bedenklich finden, die Uebertragung einer so 
wichtigen Aufgabe, zu deren Lösung doch Charaktereigenschaften und Geistesgaben 
gefordert werden, die nicht jedem innewohnen, welcher der gesetzlichen Minimal- 
anforderung entspricht, lediglich vom blinden Zufall abhängig zu machen und sich 
sagen, daß eine vernünftige Auswahl an sich dem Spiel des Zufalls vorzuziehen 
ist und daß die Vortheile, die sie gewährt, sicher sind, ihr Mißbrauch aber nur 
als möglich erscheint, und durch mancherlei Veranstaltungen fern gehalten werden 
kann. So haben denn alle Gesetze die beiden Elemente: Auswahl und Loos 
dem Zwecke der Berufung der G. dienstbar gemacht, und es ist auch in dieser 
Hinsicht in den neuesten Gesetzen eine entschiedene gegenseitige Annäherung einge- 
treten. England nimmt allerdings auch hierin eine ganz eigenthümliche und 
kaum nachahmbare Stellung ein, da für dessen Sheriff, welcher aus der Gesammt- 
zahl der zum Dienst Befähigten sofort das Verzeichniß der zum Dienst in einer 
bestimmten Session Berufenen allein auszieht, ein Ersatz auf dem Kontinent nicht 
gefunden werden kann. Aber die neuesten Französischen und Italienischen Ein- 
richtungen beruhen im Wesentlichen auf dem gleichen Grundgedanken, welchen das 
Oesterreichische und das Deutsche Gesetz verwirklichen. Diese letzteren beiden lassen 
die im einzelnen Falle zur Funktion berufenen G. aus folgenden Operationen 
hervorgehen: 
a) Anlegung der Urlisten (s. diesen Art.); für diese ist nur die gesetzliche 
Norm maßgebend: wer ausgenommen werden kann, muß aufsgenommen werden. 
b) Anlegung der Jahresliste (s. diesen Art.). Hier findet bewußte Aus- 
wahl statt. c) Anlegung der Spruchliste (s. diesen Art.) oder Dienstliste 
(liste de session). Spätestens zwei Wochen vor Beginn der Schwurgerichtsperiode 
werden in öffentlicher Sitzung die zur Dienstleistung in dieser Periode berufenen 
G. durch das Loos bestimmt. (Bezüglich der in Oesterreich zu bildenden 
Spezialliste von 9 Ergänzungsgeschworenen s. d. Art. Hülfsgeschworene.) 
Das Oesterr. Gesetz (§ 19) sieht auch den Fall vor, daß die Jahresliste so herab- 
geschmolzen ist, daß sie weniger als 54 Namen umfaßt; in diesem Falle- muß in 
gleicher Weise, wie die Jahresliste gebildet wird, eine Ergänzung derselben bis zur 
Höhe der erwähnten Zahl vor der Ausloosung zum Zwecke der Bildung der Dienst- 
oder Spruchliste erfolgen. d) Die Besetzung der Geschworenenbank 
für den einzelnen Fall. Hier findet ein Zusammenwirken von Loos und (negativer) 
Auswahl durch Ausübung des Rechtes auf Ablehnung der G. (s. diesen Art.) statt. 
Bei Beginn der Hauptverhandlung muß konstatirt werden, ob eine genügende An- 
zahl von Geschworenen vorhanden ist, um zur Ausloosung schreiten zu können. 
Zu diesem Zwecke kommt es nicht blos auf die Zahl der erschienenen G. an, son- 
dern es muß jetzt auch festgestellt werden, ob keiner derselben von der Sache aus-
	        
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