Geschworene. 143
Stelle eine andere gezogen (art. 390 Code d'Instr.). Man begnügt sich aber nicht,
die Hauptverhandlung zu vernichten, bei welcher ein G. sich betheiligte, dessen Zu-
ziehung mit Nichtigkeit bedroht ist; es geschieht dies schon, wenn ein solcher
sich auf der Spruchliste befand, ohne von der Ausloosung ausgeschlossen worden
zu sein, was man indeß später auf den Fall beschränkte, wo nach Abrechnung
desselben die Minimalzahl von 30 G. bei der Ausloofung nicht vorhanden war.
Ist also der Unfähigkeitsgrund erst nach Schluß der Session entdeckt worden, so
kann es gar wol geschehen, daß alle Verhandlungen zu vernichten sind.
In Oesterreich waren ähnliche Fragen schon unter der Herrschaft der StrafPO.
von 1850 aufgetaucht und man suchte daher bei Feststellung der StrafP O. von
1873 den Rückgriff auf die Entstehung der Gllisten möglichst fern zu halten. Es
wurden daher bei der Aufzählung der Nichtigkeitsgründe an die Stelle der in
früheren Gesetzen vorkommenden Worte: „wenn die G. bank nicht gehörig besetzt
war“ — die Worte: „nicht vollzählig war“, gesetzt, daneben aber ward die Er-
wähnung des Falles beibehalten, der neben jenen Ausdrücken auch in den früheren
Gesetzen hervorgehoben war: „wenn sich ein ausgeschlossener G. an der Entscheidung
betheiligte“; übrigens ist die Beschränkung hinzugefügt: „es wäre denn, daß der
die Nichtigkeit begründende Thatumstand dem Beschwerdeführer noch vor oder
während der Hauptverhandlung bekannt wurde und von ihm nicht gleich bei Be-
ginn der Hauptverhandlung oder sofort, nachdem er in die Kenntniß desselben
gelangte, geltend gemacht wurde.“ Aus dieser letzteren Bestimmung folgt aber mit
Nothwendigkeit, daß wenn der die Nichtigkeit begründende Umstand rechtzeitig
geltend gemacht wird, auch sofort Abhülfe geboten werden könne und müsse.
Diese kann nur in der Beseitigung des ausgeschlossenen G. und, wenn nicht durch
Heranziehung eines Ersatz= (Ergänzungs-) G. die G.bank vervollständigt werden
kann, in dem Abbruch der Hauptverhandlung und Erneuerung derselben vor einer
neugebildeten Jury liegen. Derselbe Vorgang wird aber auch eingehalten werden
müssen, wenn vor dem Ausspruch der Jury ein Thatumstand geltend gemacht
wird, welcher — wäre er bei der Ausloosung bekannt gewesen — die Aus-
scheidung des G. zur Folge gehabt hatte. Die ungerechtfertigte Zurückweisung
eines solchen Antrages würde als solche die Vernichtung zur Folge haben, dagegen
würde die spätere Entdeckung nicht mehr (wie bei der Mitwirkung eines ausge-
schlossenen G.) zur Vernichtung der Hauptverhandlung führen können.
Das Deutsche GVG. hat mit Bedacht den Fall der Unfähigkeit ( 32
d. GVG. — und dem steht der Mangel der in § 31 das. geforderten Eigenschaft
gleich) scharf hervorgehoben. Die Motive sagen: „Unfähige Personen sollen nicht
nur nicht zum Schöffen= oder G. dienste berufen werden, sie dürfen als Schöffen
oder G. nicht mitwirken. Ihre Mitwirkung macht das Verfahren nichtig.“ (Unter
Mitwirkung ist aber nur der Fall, wo sie an der Entscheidung sich be-
theiligten, nicht wo sie vor der Ausloosung mitgezählt wurden, zu verstehen.)
„Diejenigen Personen, welche zum Schöffen= und G.dienst nicht berufen
werden sollen, sind dagegen zu diesem Dienste nicht unfähig . . . Immerhin
aber . . ist die Geltendmachung eines Grundes, aus welchem die Berufung nach
dem Gesetze nicht erfolgen soll, nicht an den Antrag des Betheiligten und nicht
an eine Frist gebunden.“ Werden Gründe dieser Art vor der Hauptverhandlung
entdeckt, so regelt sich die Entscheidung nach § 94 des G. Später ist § 279
der StrafP O. maßgebend: „Vor der Ausloosung sind außer den zum G.amte
Unfähigen solche G. zu streichen, welche von der Ausübung des Amtes in der
zu verhandelnden Sache ausgeschlossen sind.“ Diese Fassung des Gesetzes legt
die Auslegung nahe, daß schon im Moment der Bildung der G. bank Gründe,
wegen welcher die Berufung zum G.amt unterbleiben soll, selbst auf Antrag
nicht mehr berücksichtigt werden können. Es steht dies aber mit der in den Motiven
dargelegten Absicht und mit dem Geist des Gesetzes nicht in Einklang. Das