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freiten erstreckt sich schon die Ausloosung nicht, sofern sie dies nicht ausdrücklich
beantragen — § 91 des Deutschen GW.) und ob sie von ihrem Ablehnungsrechte
Gebrauch macht. Geschieht das, so erfolgt die „Entscheidung über die von den G.
geltend gemachten Ablehnungs-= und Hinderungsgründe nach Anhörung
der Staatsanwaltschaft durch die richterlichen Mitglieder und, so lange das Schwur-
gericht noch nicht zusammengetreten ist, durch den ernannten Vorsitzenden des
Schwurgerichts. Beschwerde findet nicht statt“ (§ 94 des Deutschen G.). Es
find hier neben den Ablehnungsgründen noch Hinderungsgründe erwähnt,
und dies giebt einerseits den G. Gelegenheit, noch vor dem Tage der Hauptver-
handlung Gewißheit darüber zu erlangen, ob die von ihnen vorgebrachten Ent-
schuldigungen ausreichend gefunden werden, andererseits gestattet es dem Ge-
richte eine billige Berücksichtigung der Verhältnisse der einzelnen G. unter Rücksicht-
nahme auf die Erfordernisse des Dienstes. Der Ausdruck „Hinderungsgründe“ ist
so umfassend, daß er wol auch alle Fälle gerechtfertigter Selbstablehnung der G.
mit begreift. Daß auch noch im Laufe des späteren Verfahrens die Nothwendig-
keit eintreten kann, selbst einen bereits beeideten G. des Amtes zu entbinden,
ist klar; eben wegen dieser Möglichkeit bedarf es ja der Ergänzungs-G.
(vgl. diesen Art.). Auch ist bereits oben darauf hingewiesen worden, daß ein die
Nichtigkeit des Verfahrens begründender Umstand bei der Zuziehung eines G. über-
sehen sein kann und daß in diesem Falle eine nachträgliche Entbindung desselben
unvermeidlich sei. Ein zweiter, noch nicht genügend erörterter Punkt ist, ob über
diese Linie hinaus Gründe berücksichtigt werden können, welche von der ferneren
Mitwirkung eines G. eine Gefährdung unbefangener Entscheidung besorgen lassen,
z. B. wenn er vor Schluß der Verhandlungen seine Ansicht über den zu fällenden
Spruch öffentlich zum Ausdruck bringt, denselben zum Gegenstande von Zusagen,
Wetten 2c. macht. Einen besonderen Fall dieser Art, wo ein G. auf Grund seiner
Abneigung, zu einem Todesurtheil mitzuwirken, die Enthebung verlangte, bespricht
Schwarze in Weiske's R.L. X. S. 78.
4) Die G. haben Anspruch auf Vergütung der ihnen durch ihre Zuziehung
zum Dienste verursachten Reisekosten (Deutsches GVG. 88 96 u. 55; Oesterr.
Ges. über Bildung der G.L. §. 25).
5) Unter sich sind die G. gleich; kommt es auf eine Reihenfolge irgend an,
so entscheidet diejenige, in welcher sie durch das Loos auf die G.hbank gerufen
wurden. Erst wenn sie sich in ihr Berathungszimmer zur Fällung des Wahr-
spruches zurückziehen, wählen sie aus ihrer Mitte ihren Obmann (Oesterreichische
Strafp O. § 326, Deutsche Strafp O. § 304). Das Oesterreich. Gesetz weist nur
auf die Wahl durch einfache Stimmenmehrheit hin und überläßt alles andere den G.;
das Deutsche verlangt schriftliche Abstimmung und läßt bei Stimmengleichheit (es
scheint daher auch relative Stimmenmehrheit zu genügen) das Lebensalter ent-
scheiden. — Der Obmann hat die Berathung und Abstimmung der G. zu leiten
(in Oesterreich zu diesem Zweck den G. eine im Gesetz enthaltene Instruktion vor-
zulesen), das Ergebniß ihrer Berathung auf dem Fragebogen zu verzeichnen und
zu unterschreiben, sodann den Wahrspruch zu verkünden.
Lit.: Hélie, Traité de Plnstruction crim. (1. Ed.) §§ 592—600, 602, 604, 605 (Vol.
VIII. p. 205 ss.); Derselbe, Pratique (Paris 1877), Vol. I. §§ 926—954, p. 509—528. —
Trébutien, Cours de droit criminel (lI.Ed.) Vol. 1. p. 340—353. — Brauer, Die Deutschen
Schwurgerichtsgesetze (Erl. 1856), S. 31—46, S. 141—162. — Mittermaier, Gesetzgebung
u. Rechtsübung über Straf Verf. (Erl. 1856), S. 245—268. — Planck, System. Darstellung
(Gött. 1857), S. 13—24, 348—351. — Zachariä, Handbuch des Deutschen Strafpr., I.
(1861) S. 298—325. — Schwarze in Weiske's Rechtslexikon X. S. 68—78. — Gneist,
Die Bildung der G. gerichte, Berlin 1849. — (Harasowsky) Ueber Zuziehung zum Ge-
schworenendienst und Kompetenz der Schwurgerichte, Wien 1861. — Heffter, Die Zusammen-
setzung der Schwurgerichte, Arch. f. d. Krim. R. 1849, S. 1—28. — E. Brauer, Gegen den
Vorschlag der nur einmaligen allgemeinen Beeidigung aller G., Gerichtssaal 1858, S. 69—76.—
Der Geschworeneneid der Menoniten, Goltd. Arch. XII. S. 110—120. — (v. Stengel) Ueber