Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gebühren für Rechtsanwälte. 13 
Strenger noch wurden in dem Gemeinen Prozeß alle Abreden in jedem Stadium 
anfänglich verboten (K.G. O. von 1555 Th. I. Tit. 46 § 1), später aber 
das Verbot nur auf die vorgedachten besonderen Verträge beschränkt (R. D. A. 
von 1557 § 50). Die neueren Gebührenordnungen schlossen sich theils dem Gem. R. 
an, theils verboten sie jede Art von Verabredungen (Baden, Altenburg, Reuß ä. L., 
Schwarzburg-Sondershausen), theils ist das Prinzip der Vertragsfreiheit aufgestellt 
worden, so daß die Taxe nur wegen des Ersatzes der Kosten seitens des Gegners 
maßgebend war (Lübeck, Französ. Dekret vom 16. Febr. 1807 Art. 80 ff. wegen 
der Advokaten) und dieselbe auch sonst nur in Ermanglung einer Vereinbarung in 
Anwendung kommen sollte (Oesterr. Advokatenordnung vom 6. Juli 1868 8§8 16, 
17). In neuester Zeit wurden Vermittlungswege eingeschlagen, indem man gewisse 
Kautelen aufstellte, um den Klienten vor Uebereilung zu schützen, so das Gebot der 
Schriftform (Hannover, Braunschweig) oder Genehmigung des Vertrages durch das 
Appellationsgericht (Meiningen), die Landesregierung (Weimar), den Ehrenrath 
(Preußen), oder endlich man gestattete im Falle des Uebermaßes ein Einschreiten 
der Disziplinarkammern (Hannover, Gesetz vom 18. Nov. 1850 § 52; Französ. 
Dekret vom 14. Dez. 1810 Art 43, wieder aufgehoben durch die Ordonnanz vom 
20. Nov. 1822). — Gegenwärtig sind im Deutschen Reich durch die Gebührenordnung 
für Rechtsanwälte vom 7. Juli 1879 die Gebühren auf dem Gebiete der Prozeß- 
ordnungen einheitlich geregelt (§& 1, 92), während die einzelnen Landesgesetze für 
das Gebiet der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit maßgebend geblieben sind; nur die 
erstere soll hier in Betracht gezogen werden. — Die vom Reich aufgestellte Ge- 
bührenordnung ist stets maßgebend: für das Verhältniß des Auftraggebers zum 
Erstattungspflichtigen (§ 94) und für die Fälle, daß ein Rechtsanwalt einer Partei 
beigeordnet oder für sie zum Vertheidiger bestellt ist G 93, R.A.O. § 33, CO. 
§ 107 Nr. 3, 8§ 609, 620, 626, Strafp# O. § 150). Im Strafverfahren er- 
hebt der vom Gericht zum Vertheidiger bestellte Rechtsanwalt seine Gebühren aus 
der Staatskasse. Im Uebrigen ist die Gebührenordnung nur subsidiär, d. h. sie kann 
zwar nicht von der Landesgesetzgebung, aber durch Vertrag zwischen Rechtsanwalt 
und Auftraggeber abgeändert werden, wenn die Vereinbarung eine schriftliche ist. 
Ueberschreitet sie die Grenzen der Mäßigung, so kann die vertragsmäßige Vergütung 
nach eingeholtem Gutachten der Anwaltskammer vom Gericht im Prozeßwege auf 
den tarifmäßigen Betrag herabgesetzt werden (§ 93). Nach erfolgter Zahlung findet 
jedoch eine Herabminderung nur unter den sonstigen Voraussetzungen einer Rück- 
sorderungsklage statt. — Das System des Entwurfs schließt sich dem des Reichs- 
gerichtskostengesetzes vom 18. Juni 1878 an. In bürgerlichen Rechtsstreitig- 
keiten (§§ 9—52) kommen Bauschgebühren nach Werthklassen (§ 9) dergestalt zur 
Anwendung, daß dem Rechtsanwalt eine Prozeßgebühr (für den Geschäftsbetrieb, 
einschließhlich der Information), eine Verhandlungsgebühr (für die mündliche Ver- 
handlung), eine Vergleichsgebühr (für die Mitwirkung bei einem zur Beilegung eines 
Rechtsstreites geschlossenen Vergleich) und eine Beweisgebühr (im Falle eines be- 
sonderen Beweisaufnahmeverfahrens) zustehen (§ 13). Diese Gebühren treten in jeder 
Instanz ganz, aber nur einmal ein und erhöhen sich nur im Verfahren vor dem 
Reichsgericht um 3/10 (88 25, 52); sie erniedrigen sich im Urkunden= und Wechsel- 
prozeß (§ 19) und im Falle einer nicht kontradiktorischen Verhandlung (§ 16). 
Daneben sind Gebühren für die besonderen Arten des Verfahrens (Aufgebots-, Ver- 
theilungs-, Mahnverfahren), sowie für die Zwangsvollstreckung und sonstige einzelne 
Handlungen aufgestellt. Im Konkursverfahren fehlen die festen Stadien zur 
Abstufung der Gebühren nach zeitlich begrenzten Abschnitten, vielmehr mußte als 
Regel die Vergütung für die gesammte Thätigkeit in einer Bauschsumme nach 
Werthklassen erfolgen (§§ 53—62), die sich erniedrigt, wenn die Vertretung vor 
dem allgemeinen Prüfungstermine (KO. § 126) sich erledigt oder erst nach dem- 
selben beginnt (§ 55). Daneben treten noch Gebührensätze hinzu für besonders
	        
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