Gewerbefreiheit. 163
hinsichtlich der steuerpflichtigen Gewerbe auch noch eine Anzeige bei der Steuer—
behörde nothwendig, deren Unterlassung jedoch wieder nur mit Strafe belegt wird.
Irgend etwas Weiteres als die Anzeige wird im Allgemeinen nicht erfordert, ins-
besondere kein Nachweis eines zu befriedigenden Bedürfnisses oder einer in der Person
des Gewerbtreibenden vorhandenen Befähigung, keine Zugehörigkeit zu einer Innung,
keine Dispositionsfähigkeit, keine Volljährigkeit, keine Staatsangehörigkeit, kein Ge-
meindebürgerrecht, kein männliches Geschlecht, kein Vermögen. Beschränkt in der Geltend-
machung der G. sind nur die in Reihe und Glied stehenden Militärpersonen, sowie die
unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten mit Einschluß ihrer Ehefrauen, ihrer in
väterlicher Gewalt befindlichen Kinder, ihrer Dienstboten und sonstigen Hausgenossen;
diese bedürfen der Erlaubniß der vorgesetzten Dienstbehörde, die in Preußen an Ge-
meindevorsteher und Schullehrer zum Betrieb von Schankwirthschaften niemals er-
theilt wird; außerdem bedürfen die Reichsbeamten und die Preußischen unmittel-
baren Staatsbeamten einer besonderen Erlaubniß zum Eintritt in den Vorstand,
Aufsichts= oder Verwaltungsrath einer jeden auf Erwerb gerichteten Gesellschaft
(Reichsgesetz betr. die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom 31. März 1873
§ 16; Preuß. Gesetz vom 16. Juni 1874). — Die Befugniß zum Gewerbebetriebe
begreift in sich das Recht zum gleichzeitigen Betriebe mehrerer Gewerbe, sowie desselben
Gewerbes in mehreren Betriebs= und Verkaufsstätten, des Verkaufs nicht blos der
selbstverfertigten, sondern auch aller anderen Waaren, endlich auch das Recht, in
beliebiger Zahl Gesellen, Gehülfen aller Art und Lehrlinge zu halten, nur daß nach
der Novelle vom 17. Juli 1878 diejenigen Gewerbtreibenden, denen die bürgerlichen
Ehrenrechte aberkannt sind, für die Zeit dieser Entziehung mit der Anleitung von
Arbeitern unter 18 Jahren sich nicht befassen dürfen.
Ausnahmsweise ist jedoch die Berechtigung zum Gewerbebetriebe an eine staat-
liche Genehmigung gebunden in der Weise, daß diejenigen, welche ohne eine solche
den Betrieb beginnen, nicht blos in eine Strafe bis 300 Mark event. Haft verfallen,
sondern auch mit den gesetzlich zulässigen Zwangsmitteln an der Fortsetzung des
Betriebes polizeilich verhindert werden können; wie gegen alle polizeilichen Ver-
fügungen, so steht jedoch lauch gegen diese nach § 30 des Kompetenzgesetzes
die Beschwerde oder Klage zu. Die staatliche Genehmigung ist nun aber keines-
wegs von dem arbiträren Ermessen der Behörden abhängig, die Verfagung der-
selben vielmehr in sehr enge gesetzliche Grenzen eingeschränkt. Die staatliche Ge-
nehmigung ist entweder eine Approbation oder eine Konzession, oder eine polizeiliche
Regulirung.
1) Das Wesen der Approbation besteht darin, daß sie nur auf Grund eines
Nachweises der Befähigung ertheilt werden darf, bei Erbringung dieses Nachweises
aber ertheilt werden muß. Die zur Approbation kompetenten Behörden sind ver-
schieden nach den verschiedenen der Approbation bedürfenden Gewerben. Die Er-
theilung der Approbationen auf Zeit ist unstatthaft. Einer solchen Approbation be-
dürfen Apotheker und diejenigen Personen, welche sich als Aerzte (Wundärzte, Augen-
ärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und Thierärzte) oder mit gleichbedeutenden Titeln
bezeichnen oder seitens des Staates oder der Gemeinde als solche anerkannt oder
mit amtlichen Funktionen betraut werden sollen. (Vgl. d. Art. Aerzte und Apo-
theker.) Eine Approbation bedürfen ferner Seeschiffer, Seesteuerleute und Lootsen,
indem sie sich über den Besitz der erforderlichen Kenntnisse durch ein Befähigungs-
zeugniß ausweisen müssen, welches auf Grund der vom Bundesrathe unterm 25. Sept.
1869 erlassenen Vorschriften, von den zuständigen Verwaltungsbehörden, in Preußen
von den Regierungen ertheilt wird, und für das ganze Bundesgebiet, bei Lootsen
für das im Zeugniß angeführte Fahrwasser, gültig ist. Auch Hebammen bedürfen
eines Prüfungszeugnisses der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde.
2) Die Konzession ist im Allgemeinen abhängig von persönlichen Eigen-
schaften des Gewerbtreibenden, wobei es aber weniger auf dessen Geschäftstüchtigkeit
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