Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

176 Gewerbliche Arbeiter. 
in Apotheken und Handelsgeschäften finden diese Vorschriften aber nach § 154 dieses 
Gesetzes keine Anwendung. Dagegen beschränken sich die Vorschriften dieses Titels 
nicht auf solche Personen, welche mit besonderen Kenntnissen oder Fähigkeiten ver- 
sehen sind (Entsch. d. ROpG. Bd. XIX. S. 382). G. A. dürfen nach § 105 nicht 
zu Arbeiten an Sonn= und Feiertagen verpflichtet werden. Doch gilt dies nicht von 
Arbeiten, welche Aufschub oder Unterbrechung nicht gestatten. Arbeiter unter 21 
Jahren müssen Arbeitsbücher haben (55 107—112, 114). Alle Arbeiter können 
ein Abgangszeugniß verlangen (X§ 113). Die Löhne sind ihnen baar zu zahlen. 
(§§ 115—119). Die Gewerbtreibenden müssen alle diejenigen Einrichtungen her- 
stellen, welche zum Schutz für Leben und Gesundheit der Arbeiter nöthig sind (5 120), 
doch hat der Unternehmer nur die Fürsorge sorgfältiger Gewerbtreibender derfelben 
Art unter Vorauesetzung gewöhnlicher Vorsicht seitens der Arbeiter zu treffen (Entsch. 
d. ROHG. Bd. XIX. S. 397). Indeß kann sich der Unternehmer nicht mit einer 
Geschäftsüblichkeit schützen, welche eine unverzeihliche Nachlässigkeit in sich schließt 
(Entsch. d. ROO. Bd. XXIII. S. 48). Bei Arbeitern unter 18 Jahren müssen 
die Unternehmer die erforderliche Rücksicht auf deren Gesundheit und Sittlichkeit 
nehmen (§ 120). Streitigkeiten zwischen selbständigen Gewerbtreibenden und ihren 
Arbeitern werden von besonderen Behörden entschieden. Gegen deren Entscheidung 
steht die Berufung auf den Rechtsweg binnen 10 Tagen offen, doch wird die vor- 
läufige Vollstreckung durch die Berufung nicht ausgehalten. Einer solchen Vor- 
entscheidung bedarf es aber nicht, wenn die Behörde sich für unzuständig erklärt 
(Entsch. d. ROO. Bd. XXI. S. 19). Auch Streitigkeiten, welche nicht die Fort- 
setzung des Dienstverhältnisses, sondern Entschädigung wegen Vertragsbruchs betreffen, 
gehören vor die besonderen Behörden (Entsch, d. Preuß. OTrib. Bd. LXX. S. 138; 
Entsch. d. ROP-#. Bd. XXI. S. 201.) Die Zuständigkeit der besonderen Behörde 
kann acht durch Verabredung ausgeschlossen werden (Entsch. d. RNOHG. Bd. XKXl. 
S. 19). 
Gesellen und Gehülfen sind zu häuslichen Arbeiten nicht verpflichtet 
(§ 121). Beiden Theilen steht vierzehntägige Kündigung frei (§ 122). (Vgl. meinen 
Aufsatz: Die Dauer und Kündigung der Dienstverträge in Busch, Archiv Bd. XXXIX. 
S. 69.) Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Kündigung können Ge- 
sellen und Gehülfen in neun im § 123 aufgeführten Fällen entlassen werden. Sie 
selbst können nach § 124 in den aufgeführten fünf Fällen die Arbeit ohne Kündigung 
verlassen. Ein Arbeitgeber haftet dem früheren Arbeitgeber als Selbstschuldner für 
den Schaden, wenn er einen Gesellen oder Gehülfen zu vorzeitiger Beendigung des 
Arbeitsverhältnisses verleitet, oder wenn er dieselben annimmt, obgleich er weiß, daß 
sie einem anderen Arbeitgeber noch verpflichtet sind (§ 125). 
Den Lehrling muß der Lehrherr gehörig ausbilden, ihm steht aber die väter- 
liche Zucht zu (§§ 126, 127). Während der ersten vier Wochen kann das Lehr- 
verhältniß durch einseitigen Rücktritt gelöst werden. Im Uebrigen finden im Wesent- 
lichen die §§ 123 und 124 Anwendung (§ 128). Dem Lehrling ist ein Abgangs- 
zeugniß mitzugeben (§ 129). Verläßt der Lehrling die Lehre ohne Grund, so kann 
der Lehrherr die Rückkehr oder Entschädigung nur verlangen, wenn der Lehrvertrag 
schriftlich geschlossen war (§§ 130, 132). Wird die schriftliche Erklärung abgegeben, 
daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder Beruf übergehe, so erlöscht das 
Lehrverhältniß nach vier Wochen und darf der Lehrling. in demselben Gewerbe von 
einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren Lehrherrn nicht beschäftigt 
werden (§ 131). Hat der Lehrherr das Lehrverhältniß ausgelöst, weil der Lehrling 
die Lehre unbefugt verlassen, so kann er, wenn im Lehrvertrage nichts anderes be- 
dungen ist, für jeden auf den Tag des Vertrags folgenden Tag der Lehrzeit, höchstens 
aber für sechs Monate, die Hälfte des ortsüblich gezahlten Lohnes eines Gesellen oder 
Gehülfen verlangen. Für diese Entschädigung haftet der Vater des Lehrlings als 
Selbstschuldner (§ 133).
	        
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