Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gewinnsüchtige Absicht. 181 
dem lucrum im animus lucri faciendi des Diebes allmählich die Ausdehnung gaben, 
daß Theophilus ad §* 13 I. 4, 1 zu paraphrasiren berechtigt war: Kig#og & 
1/%, oy 1%%½%% r h- Nonteckror 15) /4% dhIG Kd #½ roß OKrono# G’ronnsvJOids:r. 
In diesem Sinn wäre Gewinnsucht Bestandtheil jeder Handlung (vgl. Merkel, 
Krim. Abh., II. S. 116, 117), ebendeswegen aber als Unterscheidungsmerkmal für 
das Recht werthlos (ogl. Oppenhoff, Rechtspr., VIII. S. 718 ff.). In einem 
engeren Sinn kann Gewinn den bestimmten materiellen oder immateriellen Vortheil 
bedeuten, welcher durch ein konkretes Verbrechen angestrebt wird. Im engsten Sinn 
würde Gewinn identisch sein mit Vermögensvortheil. 
Das Wort Absicht aber wird im Strafrecht bekanntlich bald als Synonymum 
des verbrecherischen Vorsatzes, also für den dolus schlechthin, gebraucht; bald bedeutet 
es Motiv und Zweck des Thäters. Soll nun die g. A. in concreto gleichbedeutend 
sein mit gewinnsüchtigem Vorsatz, so muß der gewollte Gewinn, welcher Art er 
auch sei, ein rechtswidriger sein; denn dolus ist das bewußt rechtswidrige Wollen. 
So wollte durch den animus lucri faciendi des Römischen Rechtes ursprünglich nichte 
Anderes, als der dolus furis bezeichnet werden (cf. z. B. Paul. r. s. II. 31 § 1 
mit Paul. in 1. 1 § 3 D. 47, 2), d. h. die bewußte Verletzung der Norm: ne 
quis cum detrimento alterius (contrectatio fraudulosa: 1. 1 § 15 D. 38, 2) 
fiat locupletior (anus li fi). Und in solcher g. A. besteht, wie Merkel (Abh., I. 
S. 95 ff. und v. Holtzendorff's Handb. III. S. 730 ff., 772 ff.) gezeigt hat, noch 
heute der den echten Bereicherungsverbrechen charakteristische dolus. Nicht das sub- 
jektive Motiv der Gewinnsucht ist es, was sie auszeichnet, sondern die Anstrebung 
der objektiven Rechtswidrigkeit, welche darin liegt, daß der Thäter auf Kosten des 
Anderen sein Vermögen vermehren will. Aber auch der Diebstahl des § 242 des 
Deutschen Straf GB., obwol nicht mehr ein Bereicherungsverbrechen, wie Merkel 
meint (vgl. hingegen Binding, Normen, II. N. 814 i. k.), weist in der Absicht, 
sich die fremde Sache rechtswidrig anzueignen, d. h. auf Kosten des Andern die 
Disposition über die Sache zu gewinnen, eine g. A. (Gewinn gleich Vortheil, nicht 
nothwendig Vermögensvortheil) in dem bis jetzt besprochenen Sinn auf. In diesem 
Sinne durfte auch das Preuß. OTrib. bis in die letzte Zeit herein immer noch 
g. A. beim Diebstahl postuliren (s. z. B. Goltdammer's Arch. XXIX. S. 380, 
381; vgl. auch Meyer, Lehrb., § 107 und § 122 N. 1). Dabei enthält 
übrigens, wie Binding (Normen, I. S. 120) zeigt, die g. A. in dem bis jetzt er- 
örterten Sinn, entweder den auf eine einfache oder auf eine kombinirte Rechts- 
verletzung gerichteten Vorsatz, je nachdem die, die Uebervortheilung verbietende Norm 
allein oder in Verbindung mit einer anderen Norm den Thatbestand des dolosen 
Verbrechens bildet; wie ersteres der Fall ist, z. B. beim Diebstahl; letzteres beim 
gewinnsüchtigen Betrug im Gegensatz zur fraudulosen Benachtheiligung (Binding 
I. c.; aber II. N. 8182), bei der Hehlerei im Gegensatz zur einfachen Begünstigung 
(Binding, Kritik, S. 109). 
Wo dagegen der Gewinn, welchen der Verbrecher anstrebt, an sich kein rechts- 
widriger ist, sei es, weil ihm keine Benachtheiligung Anderer korrespondirt, sei es, 
weil der Verbrecher sogar ein Recht auf ihn hat, da kann solche g. A. nach dem Ge- 
sagten nicht als dolus, sondern lediglich als Motiv und Zweck in Betracht kommen, 
d. h. also regelmäßig nur als Strafzumessungsgrund, kraft positiver Bestimmung 
auch als Strafschärfungsgrund, vielleicht sogar als Begriffsmerkmal des Verbrechens. — 
Nach diesen allgemeinen Gesichtspunkten werden die Fragen, was unter Absicht 
und was unter Gewinn zu verstehen sei, durch Interpretation der die g. A. postu- 
lirenden Gesetzesparagraphen in concreto zu lösen sein. 
Im Deutschen StrafG B. kommt der Ausdruck g. A. vor in § 133 Abfs. 2 
(Beiseiteschaffen 2c. amtlich aufbewahrter Urkunden 2c.); § 169 Abs. 1 (Kindes- 
unterschiebung); §§ 301 u. 302 (Ausbeutung Minderjähriger) der Nälprun gewinn- 
süchtige Zwecke in § 235 (Menschenraub).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.