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kannt (§ 77 Abs. 1) und demgemäß dann auch vollstreckt. Ueber die Umwandlung
der Geldstrafe in H. vgl. den Art. Geldstrafe.
Die H. kommt im Reichsrecht auch als Ordnungsstrafe vor. Parteien, Be-
schuldigte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht betheiligte Per-
sonen können auf Beschluß des Gerichts, wenn sie den zur Aufrechthaltung der Ord-
nung erlassenen Befehlen nicht gehorchen, aus dem Sitzungszimmer entfernt und zur
H. abgeführt werden. Die Dauer der H., welche 24 Stunden nicht übersteigen darf,
muß in dem Beschlusse angegeben werden (GVG. 8§ 178). Außerdem erscheint die
H. als Zwangsmittel, um gewisse Handlungen zu erwirken, z. B. das Zeugniß
(Strafp O. § 69 Abs. 2). Vgl. bes. d. Art. Haft (im Civilprozeß).
Dochow.
Haft (im Civilprozeß). Die Maßregel der einfachen Freiheitsentziehung —
die H. — erscheint in der Deutschen CPO. in einer doppelten Gestalt:
a) als Strafe und zwar näher als Ordnungsstrafe;
b) als Mittel zur Erzwingung des Offenbarungseides, zur Vollstreckung von
Urtheilen, die auf Vornahme einer nur durch den verurtheilten Schuldner vollzieh-
baren Handlung lauten, als Arrestmaßregel und zur Erzwingung des Zeugnisses oder
der Leistung des Zeugeneides.
Als Strafe findet sich die H. zunächst angewandt gegen ungehorsame Zeugen
und zwar sowol gegen die ordnungsmäßig geladenen, im Vernehmungstermine
nicht erschienenen, als auch gegen die zwar erschienenen, jedoch das Zeugniß oder
die Eidesleistung ohne rechtfertigenden Grund verweigernden Zeugen. In beiden
Fällen ist die H. nur als eventuelle Strafe auszusprechen, d. h. nur für den Fall,
als die primär zu verhängende Geldstrafe uneinbringlich sein würde. Die Dauer
der H. ist auf 6 Wochen beschränkt (§§ 345 Abs. 1; 355 Abs. 1 der CO.).
Im ersteren Falle kann die Strafe der H. bei wiederholtem Ausbleiben des unge-
horsamen Zeugen noch einmal erkannt werden (§ 345 Abs. 2 der CPO.).
Gegen die Erkennung dieser Ordnungsstrafe findet das Rechtsmittel der (ein-
fachen) Beschwerde statt (CPO. §§ 345 Abs. 3; 355 Abs. 3). Auf ungehorsame
Sachverständige findet, soweit überhaupt Sachverständigenzwang besteht (CPdO.
§. 372), die H. keine Anwendung (CPO. § 374 und Motive hierzu).
Außerdem kommt die H. als Ordnungsstrafe noch im Vollstreckungsverfahren
dann vor, wenn der zur Unterlassung oder Duldung einer Handlung verurtheilte
Schuldner dem Urtheile zuwiderhandelt. In diesem Falle hat nämlich das Prozeß-
gericht erster Instanz, d. h. jenes Gericht, bei welchem der durch das Urtheil ent-
schiedene Rechtsstreit in erster Instanz anhängig war, auf Antrag des Gläubigers
gegen den renitenten Schuldner die Strafe der H. durch Urtheil zu verhängen.
Hier ist die H. keine eventuelle, sondern neben der Geldstrafe bis zu 1500 Mark
eine elektive Strafe. Die H. ist in jedem Kontraventionsfall bis zur Dauer von
6 Monaten zulässig; doch darf die Gesammtstrafe die Dauer von 2 Jahren nicht
übersteigen. Als Gesammtstrafe erscheint die Strafe mehrerer Kontraventionen aber
nur da, wo diese gleichzeitig zu ahnden sind (Kommissionsprotokolle zur CPO.
S. 414 ff.). Voraussetzung der Verurtheilung ist vorgängige fruchtlose Straf-
androhung durch das Gericht (CPO. 8§ 775).
Zur Erzwingung des (prozessualen) Offenbarungseides findet die H. statt, wenn
der Schuldner in dem zur Abnahme dieses Eides bestimmten Termine nicht erscheint
oder die Leistung desselben ohne rechtfertigenden Grund, also insbesondere nach Rechts-
kraft des ihn zur Leistung verurtheilenden Richterspruchs, verweigert (§§ 711, 769,
781, 782 l. c.). Als Fälle von Urtheilen, welche auf Vornahme einer nur durch
den verurtheilten Schuldner vollziehbaren Handlung lauten, sind insbesondere Ur-
theile auf Grund der civilrechtlichen Verbindlichkeit zur Leistung des Offen-
barungseides (Einf. Ges. zur CPO. § 16 Nr. 3) zu bezeichnen. (Vgl. noch § 29