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wichtiger und bedeutender wurde als die dortselbst bestehenden Handelskammern, so
z. B. in den Rheinlanden der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen
Interessen von Rheinland und Westfalen, der ungleich größern Einfluß hat und nimmt
als die meisten Rheinischen Handelskammern von Preußen, Köln und Krefeld aus-
genommen. Ein nicht zu unterschätzender Fehler ist in mehreren Deutschen Mittelstaaten
die zu große Zahl solcher Kammern. Man hat besonders im zusammenhange mit der
neuesten Zollreform auch die gesetzliche Schaffung eines großen gemeinfamen Organs
aller Handelskammern in Analogie zum volkswirthschaftlichen Senat, dem Conseil
supérieur du commerce, de l’industrie et de l’agriculture in Frankreich angestrebt
und auch eine Reihe von Zwischengliedern verlangt; es wird Sache der Zukunft sein,
ob eine solche Organisation den Beifall der Regierung finden wird. Es will uns
jedoch bedünken, daß die vorhandenen Organe, wenn sie nur selbst glücklich konstruirt
und mit tüchtigen lebenserfahrenen Kräften dotirt und in der Lage sind ihre Interessen
zu schützen, gerade ihre wesentliche Aufgabe darin suchen müssen, die lokalen Ver-
hältnisse ihres Bezirks zu beobachten und darüber Bericht zu erstatten bzw. Wünsche
zu stellen, Beschwerden zu erheben, daß aber dieser Zweck durch größere Zwischen-
und Hauptorgane nicht befördert, eher vermindert wird. Landgraf.
Handelsverträge. Die H. theilen sich dem Inhalte nach in zwei große
Gruppen. Auf der einen Seite stehen die H. mit solchen Staaten, welche bisher
außerhalb des Völkerrechts der civilisirten Nationen sich befanden, mit denen daher
der internationale Verkehr überhaupt, der Handelsverkehr insbesondere, durch diese
Verträge erst rechtlich zu schaffen war. Von hervorragender Bedeutung sind in
dieser Hinsicht die Freundschafts-, Handels= und Schiffahrtsverträge, welche Preußen
theils für sich allein, theils für den Zollverein, theils für den Zollverein und die
damals außerhalb desselben stehenden Deutschen Staaten in den Jahren 1861 und
1862 mit Japan, China und Siam, und welche der Nordd. Bund 1868 mit Liberia,
der Zollverein 1869 mit Japan geschlossen hat. Maßgebend für den Inhalt dieser
Art von H. ist insbesondere der Preußisch-Japan. Vertrag vom 24. Jan. 1861
(Preuß. Gesetzsamml. 1864, S. 461 ff.). Derselbe stipulirt ewigen Frieden und
beständige Freundschaft zwischen Regierungen und Unterthanen (Art. 1); gegenseitige
Zulassung von diplomatischen Agenten und Konsularbeamten, mit dem Recht, frei
und ungehindert in den betreffenden Ländern umherzureisen (Art. 2); die Oeffnung
bestimmter Japanischer Städte und Häfen für die Unterthanen und den Handel
Preußens, das Recht des dauernden Aufenthalts und des Erwerbs von Häufern
und Grundstücken, sowie der Erbauung von Häusern, das Verbot der Anlegung von
Befestigungen, das Recht der freien Bewegung Preußischer Unterthanen innerhalb
eines gewissen Gebietes (Art. 4); das Recht der freien Religionsübung mit der
Befugniß, kirchliche Gebäude zu errichten (Art. 3); die Ausübung der Civilgerichts-
barkeit in Prozessen zwischen Preußen durch die in Japan konstituirte Preußische
Behörde, in Prozessen zwischen Preußen und Japanern nach dem Grundsatze: actor
rei forum sequitur, unter gegenseitiger Zusicherung prompter Justiz und Exekution
(Art. 5); die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit nach der Nationalität des Ange-
schuldigten durch die Preußischen und Japanischen Behörden (Art. 6); die Ver-
hängung von Geldstrafen und Konfiskationen wegen Zuwiderhandlungen gegen den
H. durch die Preußischen Konsularbehörden, wogegen die erkannten Geldstrafen und
Konfiskationen der Japanischen Regierung zufallen (Art. 7); die freie Ein= und
Ausfuhr aller Art von Waaren in und aus den geöffneten Häfen; lediglich gegen
die im Tarif vereinbarten Zölle, und Freiheit des Handels mit den Einzelnen ohne
Dazwischenkunft Japanischer Beamten (Art. 8); die Verwendung Japanischer Unter-
thanen zu allen Dienstleistungen, welche sie übernehmen und die Gesetze nicht ver-
bieten (Art. 9); die gemeinschaftliche Aufstellung von Reglements, welche zur Aus-
führung des Handelsregulativs geeignet und erforderlich sind (Art. 10); die Befugniß