268 Handlungslehrling.
der Wichtigkeit liegt im freien Ermessen des Gerichts, dessen Spruch nur deklarative,
nicht erst konstitutive Wirkung hat. Die Art. 63, 64 des OG. führen eine Reihe
derartiger Gründe namentlich auf; doch ist der Richter einerseits befugt, auch sonstige
Gründe gelten zu lassen, andererseits kann er auch die aufgeführten im konkreten
Fall zur Aufhebung nicht für ausreichend erachten. Für den Konkurs des Prin-
zsipals enthält die RK O. (§§ 19, 20) besondere Bestimmungen.
7) Der H. darf weder für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten
Handelsgeschäfte abschließen. Handelt er diesem Verbot zuwider, so ist der Prinzipal
nicht nur regelmäßig zur Aufhebung des Dienstverhältnisses berechtigt, sondern kann
auch Ersatz des durch den widerrechtlichen Vertragsschluß entstandenen Schadens,
sowie Oerauszahlung des aus solchen Geschäften gezogenen Gewinnes, bzw. Abtretung
der erworbenen Rechte verlangen (Art. 59).
8) Wenn ein H. durch unverschuldetes Unglück zeitweise an Leistung des
Dienstes verhindert wird, verliert er dadurch nicht seine Ansprüche auf Gehalt und
Unterhalt während der ersten sechs Wochen (Art. 60).
9) Soweit das H#B. Bestimmungen über die H. nicht enthält, kommen nicht
die Grundsätze der Gewerbeordnung oder der zu diesem Gesetz ergangenen Novellen
zur Anwendung (Art. 1, 2 Nr. 8 des Reichsgesetzes vom 17. Juli 1878 „Gehülfen
und Lehrlinge in Apotheken und Handelsgeschäften"), sondern Handelsgewohnheits-
recht, eventuell bürgerliches Recht (vgl. Preuß. EG. zum HG. Art. 61, Oesterr. E.
§ 25). Hiernach ist namentlich zu entscheiden, ob gegen den H. die Klage auf
Erüüllung zulässig ist, was z. B. nach dem Preuß. A. LR. (I. 5 § 408) verneint
werden muß.
Lit.: Thöl, H.R., §§ 77—82; Derselbe, Praxis des H. R. und W.N., S. 40—51. —
Dernburg, Preuß. Priv. N., II. 88 103 ff. — Endemann, HR., §§825, 26. ie Kommentare
sum m HGB. — Nürnberger Protokolle S. 95—108, 964. — Von den Entsch. d. ROHG. bes.
36 ff.; II. 285 ff., 135 ff.; IV. 402; VI. 214; VII. 262 ff.; IX. 306, 279 ff. X. 297 ff.;
Ir 387 ff.; XIV. 16 ff., 114 ff.; XVII. 220 ff., 307 ff.; XVl. 25 ff. XXI. 252, 375. —
Entsch. des )Reichsgerichts in Civilsachen I. 268. Simon.
Handlungslehrling. H. sind solche Handlungsgehülfen, welche bei einem
Kaufmann zum Zwecke der Erlernung des Handelsgewerbes in Arbeit stehen. Für
dieselben gelten deshalb die über Handlungsgehülfen ausgestellten Rechtsgrundsätze
(s. d. Art. Handlungsgehülfe); das HB. enthält im Art. 61 nur die
eine besondere Vorschrift, daß die Dauer der Lehrzeit in Ermangelung vertrags-
mäßiger Bestimmung (oder einer bezüglichen örtlichen Verkehrssitte) nach den ört-
lichen Verordnungen oder nach dem örtlichen Handelsgewohnheitsrecht zu be-
urtheilen ist.
Der Lehrvertrag schließt sowol Elemente der locatio conductio operarum, wie
auch der loc. cond. operis in sich; jene in der Pflicht des Lehrlings zur Arbeit,
diese in der Pflicht des Lehrherrn zum Unterricht. Der Unterricht des Lehrherm
ist der Lohn für die Arbeit des Lehrlings; ebenso wie diese der Lohn für den Un-
terricht des Lehrherrn; giebt der letztere dem Lehrling Gehalt, Beköstigung oder
Wohnung oder erhält er ein Lehrgeld, so wird hierdurch die Vergütung für die Arbeits-
leistung, bzw. für die Werkverdingung nur ergänzt.
Der Lehrvertrag wird entweder im Namen des Lehrlings oder von einem
Dritten (Vater oder Vormund) in eigenem Namen geschlossen; im Zweifel ist anzu-
nehmen, daß der Vater in eigenem Namen, der Vormund im Namen des Mündels
kontrahirt.
Der Lehrherr hat dem H. gegenüber die zur Erreichung des Lehrzwecks erfor-
derlichen Disziplinarbefugnisse; partikularrechtlich kann er dieselben im Wege der
freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Geltung bringen.
Lit.: Thöl, H.R. § 81. — Dernburg, Preuß. Priv.N., II. § 194. — Zimmer-
mann in Busch's Archiv Bd. XXIX. S. 37 ff. — Dankwardt in bden Jahrbüchern für