Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

274 Hauptverhandlung. 
ihm eingebrachte Anklageschrift unter gleichzeitiger Einbringung einer neuen zurück- 
jiehen, wodurch die Sache (unbeschadet der Pflicht der Rathskammer hinsichtlich der 
Haft des Angeklagten sogleich die nöthige Verfügung zu treffen) in das Stadium 
jurücktritt, in welchem sie sich bei Einbringung der ersten Anklageschrift befand 
(s. d. Art. Eröffnung des Hauptverfahrens). — Nach der Deutschen 
Strafp O. (§ 232) kann „das Gericht“ in gewissen Fällen den Angeklagten von 
dem Erscheinen in der H. entbinden und muß in diesem Falle der Angeklagte, wenn 
seine richterliche Vernehmung nicht schon im Vorverfahren erfolgt ist, durch einen 
beauftragten oder ersuchten Richter über die Anklage vernommen und das hierüber 
aufgenommene Protokoll in der H. verlesen werden. — Eine weitere Frage, welche 
im Vorbereitungsstadium anzuregen ist, betrifft die Verbindung und Trennung 
mehrerer Strafsachen. Zwischen mehreren Strafsachen kann ein Zusammenhang 
bestehen, der entweder darauf beruht, daß dieselbe Person mehrerer Thaten beschuldigt 
ist, oder darauf, daß mehreren Personen die Betheiligung an derselben That zur 
Last fällt; es kann ferner beim Eintreten beider Voraussetzungen eine Mehrheit von 
Delikten verschiedener Personen zusammentreffen; es kann endlich ein innerer Zu- 
sammenhang zwischen zwei Verhandlungsgegenständen bestehen, z. B. falsche Anschul- 
digung einer strafbaren Handlung, wobei zugleich die Existenz der letzteren in 
Frage steht, falsches Zeugniß bezüglich einer solchen u. dergl., ein Alibibeweis auf das 
Geständniß der Verübung eines anderen Deliktes gestützt u. dergl. Die Verbindung 
und Trennung der Verhandlung über solche Gegenstände kann und wird in der 
Regel schon vorher zur Sprache und zur Entscheidung kommen; hier ist nur auf 
das Auftauchen solcher Fragen nach der Versetzung in Anklagestand Rücksicht zu 
nehmen. Nach Französ. R. wird dem Vorsitzenden (wenigstens in Schwurgerichts- 
fällen) die Befugniß vindizirt, hierüber im Vorbereitungsverfahren, auf Antrag der 
Staatsanwaltschaft oder von Amtswegen allein zu entscheiden, unbeschadet des Rechtes 
des Assisenhofes, einen solchen Beschluß bei der H., mindestens beim Beginn derselben 
zu fassen, und unbeschadet des Rechtes des Angeklagten, eine Abänderung der Ver- 
fügung des Präsidenten vom Gerichtshof zu begehren. Vorausgesetzt ist dabei stets, 
daß es sich um Fälle handelt, die vor denselben Jurisdiktionsgrad gehören und 
demselben durch die Trennung nicht entzogen werden. (Die Sonderung ist nur ge- 
stattet bei délits non connexes und nur soweit die Anklagekammer die Konnexität 
nicht positiv anerkannt hat.) Nach der Oesterr. StrafP O. hat über die „Aus- 
scheidung einzelner Straffachen aus dem gemeinsam zu führenden Strafverfahren“ die 
Rathskammer unter Offenhaltung der Beschwerde an das Oberlandesgericht, dieses 
letztere hat auch bei einem Einspruch gegen die Versetzung in Anklagestand über „alle 
die Verbindung und Trennung mehrerer Anklagen“ betreffenden Anträge zu ent- 
scheiden (§8 57, 58, 114, 214). Wenn nun weiter im § 232, Abs. 3 dem Vor- 
sitzenden das Recht eingeräumt ist, zu verfügen, daß, „wenn mehrere Anklagepunkte 
vorliegen, über jeden oder über einzelne abgesondert zu verhandeln sei“, so liegt 
darin nur das Recht, die Anordnung des Ganges derfelben H. zu reguliren. 
Die Deutsche Straf P O. behandelt ausdrücklich nur einige hier einschlagende Fragen. 
Ueber die Zulässigkeit der Verbindung oder Trennung zusammenhängender Straf- 
sachen (worunter hier nur die unmittelbare oder mittelbare Konkurrenz Mehrerer zur 
selben That oder mehrerer Thaten desselben Angeklagten gemeint ist) und ihren Ein- 
fluß auf die Zuständigkeit sprechen sich die 88 2—5 aus; die Beschlüsse können vom 
Gericht „auch nach Eröffnung der Untersuchung“ gefaßt werden. Nach § 208 kann 
bei Eröffnung des Hauptverfahrens die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen 
einzelner von mehreren demselben Angeklagten zur Last gelegten strafbaren Handlungen 
beschlossen werden. Endlich spricht § 236 dem „Gericht“ (d. i. dem zur Abhaltung 
der H. berufenen) das Recht zu, im Falle eines Zusammenhanges zwischen mehreren 
bei ihm anhängigen Strafsachen die Verbindung derselben zum Zwecke gleichzeitiger 
Verhandlung anzuordnen, auch wenn dieser Zusammenhang nicht der im § 3 be-
	        
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