28 Gesängnißverwaltung.
5) Die größeren, meist zur Vollstreckung längerer Gefängniß= und Zucht-
hausstrafen dienenden Gefängnisse dagegen sind mit eigentlichen Verwaltungen
versehen, an deren Spite ein Vorstand (Direktor) steht.
Die Organisation dieser Verwaltungen ist zwar in den einzelnen Deutschen
Staaten verschieden, gewöhnlich aber gehört zu ihrer Kompetenz: a) die Handhabung
der Dioziplin gegen niedere Bedienstete der Anstalt; b) die Oandhabung der Disziplin
und Erkennung der Disziplinarstrafen gegen Gefangene; c) die persönliche Behandlung,
Briefwechsel, Besuche, Vergünstigungen, Verköstigung, Bekleidung, Lagerung und Be-
schäftigung der Gefangenen; d) die Sorge für Reinlichkeit und Gesundheit, speziell
in Hinsicht auf Lüftung, Erwärmung und Beleuchtung der Gefangenenräume, Be-
wegung der Gefangenen im Freien, Bäder; e) Aussicht über Abhaltung des Gottes-
dienstes und Schulunterrichts, Lektüre; f) Instandhaltung der Gebäude und des
Inventars; g) Führung der Kasse, Rechnungen, Listen 2c. Den Direktoren sind
zur Bewältigung dieser Aufgabe, soweit sie sich auf die eigentliche Verwaltung
beziehen, weitere höhere Beamten beigegeben, deren Befugnisse in den verschiedenen
Ländern verschieden, doch allenthalben so geregelt sind, daß dem Direktor jeweils die
entscheidende Leitung des Dienstes innerhalb der Befugnisse der Verwaltung obliegt
und er auch für die gesammte Dienstführung verantwortlich bleibt. Ueber die Grenzen,
innerhalb deren diese Befugnisse der Verwaltung, insbesondere gegenüber der höheren
Behörde, auszuüben sind, entscheiden die betreffenden Reglements und Dienstordnungen.
Die Disziplinargewalt über die Gefangenen ist fast ausnahmslos und in ge-
nügender Weise in die Hände der Direktoren gelegt, und nur hin und wieder eine
Kompetenz in strengeren Strafen den höheren Behörden reservirt. Pflichten und
Rechte der Gefangenen sind allenthalben in Hausordnungen zusammengefaßt,
welche dem Gefangenen kennen zu lernen hinreichende Gelegenheit gegeben ist.
Vgl. die Art. Gefängnißarbeit, -Disziplin, -leidung, -Kost.
Abgesehen von den Beamten der Verwaltung sind nun bei allen einigermaßen
geordneten größeren Gefängnissen je nach deren Umfang und Einrichtung angestellt:
a) Aerzte für die Krankenpflege und zur Mitaufsicht über die allgemeinen Verhält-
nisse der Salubrität; b) Geistliche und Lehrer für Gottesdienst, spezielle Seelsorge,
Religionsunterricht, Schulunterricht, Büchervertheilung. Je nach der Einrichtung
der Strafanstalt, besonders aber bei Zellengefängnissen liegt den Beamten, speziell
den Geistlichen und Lehrern die Einzelbesprechung mit den Gefangenen ob, in denen
die Zwecke des Strafvollzugs nach den verschiedenen Richtungen verfolgt werden
können. Die letzte Aufsicht über den Dienst, über sämmtliche Verrichtungen der
Gefangenen, ihr Verhalten im Einzelnen, Beschäftigung u. f. w. führt das Aufsichts-
personal.
Unterstützend stehen der G. zur Seite die Gefängnißvereine, die theils, z. B.
die Rheinisch-westfälische Gefängnißgesellschaft, der Verein der Deutschen Straf-
anstaltsbeamten, der Nordwestdeutsche Gefängnißverein, in Versammlungen und Druck-
schriften die allgemeinen Interessen des Gefängnißwesens zu fördern suchen oder, wie
viele Landes-, Provinzial= und Ortsvereine sich die Unterstützung entlassener Straf-
gefangenen zur Aufgabe gemacht haben.
Lit.: Die Preußischen Gefängnisse. Beschreibende Uebersicht der zum Ressort des
Ministeriums des Innern gehörenden Straf= und Gefangenanstalten, Berlin, 1870. —
Füeßlin, Die Einzelhaft, 1855. — Hänell, System der Gesangnifskunde) 1866. — Dietz,
Ueber Verwaltung und Einrichtung der Strafanstalten 2c., 1857. — Blätter für Ge-
fängnißkunde, insbes. Bd. II. S. 334, VI. S. 18 ff., VIII. S. 36, 97, 60. Im VIII. Bd.
3. Heft Verzeichniß der Strafanstalten Deutschlands. Im XIV. Bd. 1. und 2. Heft der
Entwurf eines Gesetzes über die Vollstreckung der Freiheitsstrafen für das Deutsche Reich.
(letzteres auch in Gerichtssaal, Bd. XXXI. Heft 3.) — Streng, Das Zellengefängniß, Nürn-
berg 1879. — v. Holtzendorf''s Handb. des Deutsch. StrafR., Bd. IV. S. 181.
Ekert.