Gegenforderung — Gegenleistung. 29
Gegenforderung ist in der Deutschen CPO. derjenige Anspruch (s. d. Art.
Angriffs= und Vertheidigungsmittel), welcher im Wege der Widerklage
oder der Kompensationseinrede erhoben wird. Die Rechtshängigkeit desselben tritt
mit der Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung ein. Das Gericht hat die
Befugniß, die G. zu getrennter Verhandlung zu verweisen, wenn dieselbe mit der
Klageforderung nicht in rechtlichem Zusammenhang steht, also namentlich nicht aus
demselben Rechtsverhältniß entspringt. Aber auch für den Fall, daß eine Trennung
nicht stattgefunden hat, ist bei Geltendmachung der G. im Wege der Widerklage,
je nachdem die Klage oder Widerklage zur Endentscheidung reif ist, über den reifen
Anspruch das Erkenntniß in Gestalt des sog. Theilurtheils zu erlassen. Ferner kann
das Gericht auch, wenn die Forderung allein zum Endurtheil reif erscheint, trotzdem
es bisher gleichzeitig mit derselben eine mit ihr nicht im rechtlichen Zusammenhange
stehende G. verhandelt hat, blos über die Forderung ein Theilurtheil erlassen, und
dann getrennt über die G. weiter verhandeln. Die gedachten Trennungsbefugnisse
sind an Stelle des früheren Rechtes, illiquide Kompensationseinreden zu gesonderter
Verhandlung zu verweisen, getreten. Während das Urtheil nur in Betreff der durch
Klage oder Widerklage erhobenen Ansprüche, über die es entscheidet, nicht aber in
Betreff der vorgebrachten Einreden der Rechtskraft fähig ist, erlangt es diese aus-
nahmsweise auch hinsichtlich der einredeweise geltend gemachten G. jedoch allein in
Höhe des Betrages, bis zu welchem die G. gegen die Hauptforderung aufgerechnet
werden soll.
Quellen: D. CO. Ss 136, 254, 273, 274, 293. P. Hinschius.
Gegenleistung. Der Umstand, daß derjenige, welcher einen Anspruch gegen
einen anderen erhebt oder erhoben hat, seinerseits dem letzteren eine G. zu machen
hat, kommt für den Civilprozeß in folgenden Beziehungen in Betracht. 1) Kann
die Leistung nur Zug um Zug gegen Gewährung der G. gefordert werden, so darf
ein kondemnatorisches Urtheil nur unter der gedachten Beschränkung ergehen. 2) Die
Verfolgung eines Anspruchs, dessen Geltendmachung noch von einer erst zu erfol-
genden G. abhängig ist, kann im Mahnverfahren nicht stattfinden; das letztere ist
nur dann zulässig, wenn der Anspruch aus einem zweiseitigen Rechtsverhältniß bereits
durch Vorleistung des Klägers zu einem einseitigen gemacht worden ist. Für den
Urkundenprozeß besteht dagegen ein solche Beschränkung nicht. 3) Die Vollstreckung
eines auf eine Leistung Zug um Zug lautenden Erkenntnisses oder einer solchen voll-
strecbaren Urkunde ist nach den Motiven wegen der Mannigfaltigkeit der in Be-
tracht kommenden Fälle absichtlich von der CPO. nicht geregelt. Die Ertheilung
einer Vollstreckbarkeitsklaufel auf Vollstrecung gegen vom Gläubiger gleichzeitig zu
machende Gegen= oder Vorleistung hat indessen das Bedenken, daß damit dem
Gerichtsvollzieher die Prüfung, ob dieselbe den gesetzlichen Anforderungen entspricht,
überlassen wird, obwol derselbe sonst nach dem Grundgedanken der CPO. der
materiellen Prüfung enthoben sein soll und auch in vielen Fällen nicht die aus-
reichende Fähigkeit zu einer solchen besitzen wird. Trotz der gegentheiligen Aeußerung
der Motive wollen daher Einzelne (Fitting, Wach) die Vorschrift des § 664
auf den fraglichen Fall anwenden. Demnach soll eine vollstreckbare Ausfertigung
für Urtheile, deren Vollstreckung ihrem Inhalte nach von dem durch den Gläubiger
zu beweisenden Eintritt einer bestimmten Thatsache abhängt, nur dann ertheilt werden,
wenn der Beweis des Eintritts durch eine öffentliche Urkunde geführt wird. In-
dessen ist im vorliegenden Fall die Vollstreckung nur von der Vornahme einer
gleichzeitigen Leistung, nicht von dem vorgängigen Eintritt einer Thatsache abhängig,
und könnte man auch die erwähnte Vorschrift dann noch anwenden, wenn der
Gläubiger seine Vorleistung freiwillig macht; doch berechtigt der § 664 nicht, ihn
wider seinen Willen dazu zu zwingen und ihm die Sicherheit, welche ihm die
Leistung Zug um Zug gewährt, zu entziehen. Dies enthält eine Kränkung seines