Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gegenforderung — Gegenleistung. 29 
Gegenforderung ist in der Deutschen CPO. derjenige Anspruch (s. d. Art. 
Angriffs= und Vertheidigungsmittel), welcher im Wege der Widerklage 
oder der Kompensationseinrede erhoben wird. Die Rechtshängigkeit desselben tritt 
mit der Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung ein. Das Gericht hat die 
Befugniß, die G. zu getrennter Verhandlung zu verweisen, wenn dieselbe mit der 
Klageforderung nicht in rechtlichem Zusammenhang steht, also namentlich nicht aus 
demselben Rechtsverhältniß entspringt. Aber auch für den Fall, daß eine Trennung 
nicht stattgefunden hat, ist bei Geltendmachung der G. im Wege der Widerklage, 
je nachdem die Klage oder Widerklage zur Endentscheidung reif ist, über den reifen 
Anspruch das Erkenntniß in Gestalt des sog. Theilurtheils zu erlassen. Ferner kann 
das Gericht auch, wenn die Forderung allein zum Endurtheil reif erscheint, trotzdem 
es bisher gleichzeitig mit derselben eine mit ihr nicht im rechtlichen Zusammenhange 
stehende G. verhandelt hat, blos über die Forderung ein Theilurtheil erlassen, und 
dann getrennt über die G. weiter verhandeln. Die gedachten Trennungsbefugnisse 
sind an Stelle des früheren Rechtes, illiquide Kompensationseinreden zu gesonderter 
Verhandlung zu verweisen, getreten. Während das Urtheil nur in Betreff der durch 
Klage oder Widerklage erhobenen Ansprüche, über die es entscheidet, nicht aber in 
Betreff der vorgebrachten Einreden der Rechtskraft fähig ist, erlangt es diese aus- 
nahmsweise auch hinsichtlich der einredeweise geltend gemachten G. jedoch allein in 
Höhe des Betrages, bis zu welchem die G. gegen die Hauptforderung aufgerechnet 
werden soll. 
Quellen: D. CO. Ss 136, 254, 273, 274, 293. P. Hinschius. 
Gegenleistung. Der Umstand, daß derjenige, welcher einen Anspruch gegen 
einen anderen erhebt oder erhoben hat, seinerseits dem letzteren eine G. zu machen 
hat, kommt für den Civilprozeß in folgenden Beziehungen in Betracht. 1) Kann 
die Leistung nur Zug um Zug gegen Gewährung der G. gefordert werden, so darf 
ein kondemnatorisches Urtheil nur unter der gedachten Beschränkung ergehen. 2) Die 
Verfolgung eines Anspruchs, dessen Geltendmachung noch von einer erst zu erfol- 
genden G. abhängig ist, kann im Mahnverfahren nicht stattfinden; das letztere ist 
nur dann zulässig, wenn der Anspruch aus einem zweiseitigen Rechtsverhältniß bereits 
durch Vorleistung des Klägers zu einem einseitigen gemacht worden ist. Für den 
Urkundenprozeß besteht dagegen ein solche Beschränkung nicht. 3) Die Vollstreckung 
eines auf eine Leistung Zug um Zug lautenden Erkenntnisses oder einer solchen voll- 
strecbaren Urkunde ist nach den Motiven wegen der Mannigfaltigkeit der in Be- 
tracht kommenden Fälle absichtlich von der CPO. nicht geregelt. Die Ertheilung 
einer Vollstreckbarkeitsklaufel auf Vollstrecung gegen vom Gläubiger gleichzeitig zu 
machende Gegen= oder Vorleistung hat indessen das Bedenken, daß damit dem 
Gerichtsvollzieher die Prüfung, ob dieselbe den gesetzlichen Anforderungen entspricht, 
überlassen wird, obwol derselbe sonst nach dem Grundgedanken der CPO. der 
materiellen Prüfung enthoben sein soll und auch in vielen Fällen nicht die aus- 
reichende Fähigkeit zu einer solchen besitzen wird. Trotz der gegentheiligen Aeußerung 
der Motive wollen daher Einzelne (Fitting, Wach) die Vorschrift des § 664 
auf den fraglichen Fall anwenden. Demnach soll eine vollstreckbare Ausfertigung 
für Urtheile, deren Vollstreckung ihrem Inhalte nach von dem durch den Gläubiger 
zu beweisenden Eintritt einer bestimmten Thatsache abhängt, nur dann ertheilt werden, 
wenn der Beweis des Eintritts durch eine öffentliche Urkunde geführt wird. In- 
dessen ist im vorliegenden Fall die Vollstreckung nur von der Vornahme einer 
gleichzeitigen Leistung, nicht von dem vorgängigen Eintritt einer Thatsache abhängig, 
und könnte man auch die erwähnte Vorschrift dann noch anwenden, wenn der 
Gläubiger seine Vorleistung freiwillig macht; doch berechtigt der § 664 nicht, ihn 
wider seinen Willen dazu zu zwingen und ihm die Sicherheit, welche ihm die 
Leistung Zug um Zug gewährt, zu entziehen. Dies enthält eine Kränkung seines
	        
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