32 Gehaltsansprüche.
Gehaltsansprüche. Der Begriff des Wortes „Gehalt“ ist sowol in der
Sprache des täglichen Lebens, wie in der der Gesetzgebung ein mehrseitiger. Im
Allgemeinen ruht er auf der Voraussetzung, daß das Verhältniß, auf welches er sich
bezieht, von einer gewissen Dauer ist, und bildet den Gegensatz zu dem, der in dem
Worte „Lohn“ seinen Ausdruck findet, indem er gleichsam die Dienste, für welche
das Gehalt eine Art Acquivalent bildet, aus dem Kreise der gewöhnlichen Lohn-
arbeiten heraushebt. So benennt z. B. der Art. 57 des HB. die Entschädigung
des kaufmännischen Gehülfen nicht Lohn, sondern Gehalt, und spricht der Art. 6
der Preuß. Städteordn. vom 30. Mai 1853 von dem Gehalt der im Kommunal=
dienst angestellten Personen, während wiederum sowol die' Reichs-, wie die Landes-
gesetzgebung das Diensteinkommen der unmittelbaren Reichs= und Staatsbeamten
mit dem Auedruck „Gehalt“ bezeichnet.
Der Anspruch auf Gehalt unterliegt nun, je nach den verschiedenen ihn begrün-
denden Verhältnissen, einer anderen Auffassung und Behandlung. Es ist dabei zu
unterscheiden:
a) Der Gehaltsanspruch derjenigen Personen, welche sich im Dienste von Privat-
personen, Korporationen und Gemeinden befinden. Sein Fundament ist der Ver-
trag, der zwischen dem Dienste Leistenden und Dienste Empfangenden geschlossen
worden ist, also ein privatrechtlicher Titel. Aus ihm ist der Anspruch geltend zu
machen, und zwar mit der einfachen Kontraktsklage, welcher der Beklagte alle die
ihm aus dem Vertragsverhältniß zustehenden Einreden entgegensetzen kann. So einfach
sonach im Allgemeinen dieses Rechtsverhältniß und die aus ihm sich ergebende Folge
ist, verläßt es doch schon die Grenzen des reinen Privatrechts und neigt sich dem
öffentlichen Rechte zu bei einer Anzahl von mittelbaren Staatsbeamten, also bei solchen
Beamten, bei deren Anstellung dem Staate eine gewisse, wenn auch beschränkte Mit-
wirkung zusteht. Bleibt zwar auch in diesen Fällen die Höhe der Besoldung und
somit der Gegenstand des Anspruchs im Allgemeinen der freien Vereinbarung der
Kontrahenten vorbehalten, hat sich doch nach einzelnen Landesrechten der Staat eine ge-
wisse Einwirkung auch in dieser Richtung reservirt. So kann er in Preußen die
Höhe des Gehaltes der Bürgermeister selbständig und gegen den Willen der Gemeinde
normiren und festsetzen.
b) Ganz verschieden hiervon ist der Charakter des den unmittelbaren Reichs-
oder Staatsbeamten zustehenden Gehaltsanspruchs. Er ruht auf der Thatsache des
Innehabens des Amtes und wird bedingt durch die Natur und das Wesen des Ver-
hältnisses zwischen dem Beamten und dem Staate. Der Streit über dieses schwebt
seit alter Zeit und ist noch nicht entschieden. Früher bemühte man sich, das Ver-
hältniß als ein rein kontraktliches darzustellen und suchte im Privatrecht nach einer
Vertragsform, unter welche es zu rubriziren sei. Die Einen hielten eine locatio
conductio operarum (eine Form, welche in der Preuß. Regierungsinstruktion vom
Jahre 1808 im § 44 als herabwürdigend bezeichnet wird), Andere ein mandatum
oder precarium für vorliegend, noch Andere begnügten sich mit einem Innominat-
Kontrakt über Handlungen. Diese Auffassungen, welchen schon das Preuß. A. LR.
nicht mehr huldigte, sind in neuerer Zeit aufgegeben, und haben insbesondere Gönner,
Zachariä, Zöpfl u. A. die Unhaltbarkeit derselben nachgewiesen und den staats-
rechtlichen Charakter des Verhältnisses hervorgehoben. Nicht durch Vertrag, sondern
durch einseitige Berufung vermöge des Majestätsrechts der Aemterhoheit wird das
Staatsamt begründet und das Verhältniß des Beamten zum Staat hergestellt. Aller-
dings geht in der Regel der Berufung eine Bewerbung voraus. Wollte man aber in
ihr in Verbindung mit der sie bewilligenden Berufung einen Vertragsschluß finden, so
würde dieser — wie Förster treffend bemerkt — doch nur den Begründungsakt
betreffen, nicht aber für das zu konstituirende Verhältniß maßgebend sein. Hat auch
diese Anschauung sich zur Zeit Bahn gebrochen, so herrscht doch bei einem anderen
Punkte noch Streit. Es wird nämlich behauptet, daß wenn auch das Staatsamt