Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gehaltsansprüche. 33 
nicht aus einem Vertrage hervorgegangen, das Verhältniß des Beamten zum Staat 
doch noch eine privatrechtliche Seite habe, die sich in dem Anspruche auf Gehalt 
zeige. Das Gehalt sei als eine Gegenleistung für die Dienste des Beamten anzu- 
sehen, und daher rücksichtlich derselben das Verhältniß als ein vertragsähnliches zu 
behandeln. Dieser Ansicht folgt z. B. v. Rönne (Staatsrecht, Bd. II. S. 302). 
Auch Gerber (Grundzüge des Deutschen Staatsrechts) tritt für sie ein, obwol er 
schon den Nachweis zu führen sucht, daß das Gehalt mehr den Charakter einer 
Rente, als einer Gegenleistung für Dienste habe. Das Erkenntniß des Preuß. OTrib. 
vom 17. März 1865 vertrat dieselbe Ansicht und vindizirte dem Staatsamt nach 
dieser Richtung hin die Natur eines Quasikontrakts (Entsch., Bd. LlI. S. 320). Die 
entgegengesetzte Auffassung verwirft die Vertragsnatur auch in dieser Beziehung und 
führt aus, daß das Gehalt nicht blos eine Belohnung für die Amtsthätigkeit des 
Beamten sei, sondern auch eine Entschädigung für die mehrfachen Beschränkungen, 
die das Amt 7 Beamten auflegt. Es sei gleichsam eine Alimentation des Be- 
amten, somit sein Charakter ein rein staatsrechtlicher, der nach den Regeln des 
Privatrechts nicht beurtheilt werden könne und dürfe (Förster, Bd. II. S. 308). 
Der Anspruch auf Gehalt entsteht mit der Verleihung des Amtes, kann jedoch 
erst geltend gemacht werden mit dem Antritt desselben. Das Preuß. LR. ent- 
hält besondere Bestimmungen über den Gehaltsanspruch nicht; dagegen schreibt der 
§ 4 des Reichsgesetzes vom 31. März 1873, betr. die Rechtsverhältnisse der Reichs- 
beamten, vor, daß der Anspruch auf Gewährung des mit dem Amte verbundenen 
Diensteinkommens mit dem Tage des Dienstantritts beginnt und in Betreff später 
bewilligter Zulagen mit dem Tage der Bewilligung. An sich umfaßt der Anspruch 
nur das zur Zeit der Berufung mit dem Amte verbundene Gehalt, nicht auch eine 
Erhöhung desselben, sobald sie nicht den Charakter einer absoluten hat. Zu dem 
Einrücken in eine höhere Gehaltsklasse gewährt die Berufung in das Amt kein 
Recht und keinen Anspruch. Diese Auffassung wurde auch bei der Berathung des 
Preuß. Gesetzes vom 24. Mai 1861 im Herrenhause geltend gemacht und als richtig 
anerkannt (Stenogr. Ber. pro 1861 Bd. II. S. 235). Eine Ausnahme von dieser 
Regel machen nach Preuß. Rechte die richterlichen Beamten, für welche zuerst durch 
den Allerh. Erlaß vom 19. März 1850 Anciennitätsverhältnisse und Gehaltsstufen 
festgesetzt worden sind, so daß der Anspruch auf das Einrücken in eine höhere Ge- 
haltsstufe gesetzlich normirt und festgestellt ist. Maßgebend ist zur Zeit die Ver- 
ordnung vom 16. April 1879, betr. die für die Bestimmung des Dienstalters maß- 
gebenden Grundsätze; in ihr ist bestimmt, daß in den besonderen Besoldungsetats 
für die einzelnen Rangklassen der Richter die Anciennitätsverhältnisse berücksichtigt 
werden sollen. 
Der Gehaltsanspruch umfaßt das Diensteinkommen, also das Gehalt und etwaige 
Amtsemolumente, wie Beleuchtungs= und Brennmaterial, Tafelgelder, Nutzung von 
Dienstgrundstücken und dergl., dagegen nicht auch die zufälligen Einnahmen, wie 
Reisekosten und Diäten für Wahrnehmung amtlicher Dienstgeschäfte (die anomale Be- 
stimmung des § 74 Th. J. Tit. 12 A. LR., nach welcher der Richter, der in einem fremden 
Jurisdiktionsbezirk ein Testament aufnimmt, dem Richter des Orts die erhobenen 
Gebühren herausgeben soll, beruht auf anderen Voraussetzungen). Dagegen bildet in 
Preußen nach § 6 des Gesetzes vom 12. Mai 1873 der Wohnungsgeldzuschuß einen 
Theil des Diensteinkommens, jedoch mit der Maßgabe, daß er insofern den Regeln 
über das Gehalt nicht untersteht, als er durch die Versetzung des Beamten an einen 
Ort von geringerer Servisklasse verkleinert und bei der Bemessung der Pension nicht 
in vollem Betrage, sondern nur zu einem gesetzlich fixirten Durchschnittssatze in An- 
rechnung gebracht wird. Das Gehalt selbst nämlich ist in der Regel weder ganz 
noch theilweise entziehbar, und zwar weder mit, noch wider den Willen des Be- 
amten. Nur mit der Aufgabe des Amtes, also mit der Pensionirung, der Entlassung 
oder der Entsetzung des Beamten geht der Anspruch unter. Eine Ausnahme machen 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon II. 3. Aufl. 3
	        
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