34 Geib — Geistliche Gerichte.
in Preußen die Disziplinargesetze. Nach § 16 des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betr.
die Dienstvergehen der nichterichterlichen Beamten, kann mit der Strafversetzung in
ein anderes Amt von gleichem Range eine Verminderung des Diensteinkommens ver-
bunden werden. Die gleiche Bestimmung ordnet für richterliche Beamte der § 1
des Gesetzes vom 26. März 1856, betr. einige Abänderungen des Gesetzes über die
Dienstvergehen der Richter, au. Eine zeitweilige Verkürzung des Diensteinkommens
tritt sowol für die richterlichen, wie für die nicht-richterlichen Beamten bei der durch
die Disziplinarbehörde angeordneten Amtsfuspension ein. — Der Gehaltsanspruch ist
nicht cessibel, in Preußen ausdrücklich vorgeschrieben in dem Publikandum vom 18. Febr.
1802. — Bygl. Cutsch. des Orib. in Striethorst, Arch., B. XIII. S. 179.
Was endlich die Geltendmachung des Anspruchs betrifft, so tritt hier die recht-
liche Natur des Gehaltes in den Vordergrund. Sie veranlaßte in verschiedenen
Landesrechten den Ausschluß des Rechtsweges und verwies den Beamten auf den
Verwaltungsweg. In Preußen hat erst das Gesetz vom 24. Mai 1861, betr. die
Erweiterung des Rechtsweges, die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs
gegen den Fiskus für zulässig erklärt, jedoch mit der Maßgabe, daß die Entscheidung
des Verwaltungschefs der Klage vorangehen müsse. Für die Klage ist nach § 39
des Ausführungsgesetzes vom 24. April 1878 in Preußen in erster Instanz das
Landgericht ausschließlich zuständig, ohne Rücksicht auf die Höhe der geltend ge-
machten Forderung.
Die Substantiirung des Anspruchs beruht, da die Klage den Charakter einer
Kontraktsklage nicht hat, nicht auf dem § 271 Th. I. Tit. 5 A. OR.; es bedarf also nicht
des Nachweises, daß der Beamte den Pflichten seines Amtes genügt, somit seinerseits
erfüllt habe, vielmehr reicht der Nachweis der erfolgten Berufung in das Amt und
des Antritts desselben aus. Meves.
Geib, Karl Gust., § 12. VIII. 1808 zu Lambsheim (Rheinpfalz), promo-
virte 1831 in Heidelberg, ging als Regentschaftssekretär an den Hof des Königs
Otto von Griechenland, wurde 1833 Ministerialrath, kehrte 1834 zurück, 1836
a. o. Prof. in Zürich, 1842 ord. Prof., 1851 nach Tübingen, 23. III. 1864.
Schriften: Darst. d. Rechtszustandes in Griechenland während d. Türk. Herrschaft und
bis zur Ankunft d. Königs Otto, Heidelb. 1835. — De confessionis effectu in processu
Rom. observ. aliquot, Turici 1837. — Gesch. d. Röm. Krim. Prz. bis zum Tode Justinian's,
Leipz. 1842. — Die Reform d. Deutschen Rechtslebens, Berl. 1848. — Lehrb. d. Deutschen
StrafR., Leipz. 1861, 1862. — Arch. d. Krim.N., 1836 S. 199—229; 1837 S. 561—586;
1838 S. 36—61, 573—588; 1839 S. 118—131; 1840 S. 97—134, 195—222; 1845 S. 105—
143, 174—213; 1847 S. 352—389, 521—566. — Krit. Jahrbb. v. Richter u. Schneider,
8. Jahrg. 1844. — Rechtsgutachten in Untersuchungssachen gegen L. Oswald betr. Beleid.,
Verleumd., Betrug, Aufreiz., 1850.
Lit.: Lueder, K. G. Geib, sein Leben und Wirken, Leipz. 1864. — Gerichtssaal, XVI.
(1864) 319. — Krit. V.J. Schr., VI. 321—329. — Lueder in d. Allg. Deutsch. Biogr., VIII.
500—502. Teichmann.
Geistliche Gerichte (Th. I. S. 145, 662). In der katholischen Kirche
ist die Handhabung der Rechtspflege in Straf-, Disziplinar= und anderen Streit-
sachen niemals von der Verwaltung der sonstigen kirchlichen Angelegenheiten ge-
trennt gewesen; vielmehr hat die Gerichtsbarkeit von jeher bis auf den heutigen Tag
den ordentlichen Trägern der Leitungsgewalt (dem Papst, den Erzbischöfen und
Bischöfen) zugestanden. Nur insofern ist mitunter eine Trennung vorgekommen,
als die Verwaltung der Jurisdiktion besonderen Hülfsbehörden neben dem ordent-
lichen Leitungsbeamten oder in Vertretung desselben übertragen worden ist.
Das Gericht erster Instanz bildet der Bischof und die ihm zur Seite stehende,
aus seinen Räthen gebildete Behörde (Generalvikariat oder Ordinariat)
oder eine besondere Abtheilung derselben. In den Preußischen Diözesen besteht eine
solche (Offi zialat oder Konsistorium genannt) für die Ehe-, die Disziplinar-