:382 Invalidenwesen.
oder theilweise Erwerbungsunfähigkeit eines Individuums durch Gewährung von Ver-
sorgung einzustehen. Bei Berufsmilitärs, insbesondere also den höheren und niederen
Militärchargen, liegt dagegen der Anlaß zur Gewährleistung einer Versorgung im
Invaliditätsfalle wie bei den Civilbeamten schon in dem doppelten eigenen Interesse
des Staates, sich die Cadres in der nöthigen Stärke und Diensttüchtigkeit zu sichern,
was ohne Gewährung einer Aussicht auf Invalidenversorgung nicht zu erreichen sein
würde. Sachlich trägt der Verschiedenheit dieser Gesichtspunke auch die Deutsche
Militärgesetzgebung Rechnung, ohne jedoch die Unterscheidung zwischen Berufs= und
Pflichtsoldaten äußerlich hervortreten zu lassen, indem vielmehr die Versorgung von
Offizieren (einschließlich der Sanitätsoffiziere) und von Militärpersonen der Unter-
klassen auseinandergehalten wird. Zu den Militärpersonen treten sodann unter ge-
wissen Voraussetzungen noch die oberen und die unteren Beamten des Landheeres
und der Marine, ingleichen die Hinterbliebenen (Wittwen, Waisen und sonstige An-
gehörige) aller Vorgenannten hinzu. Das Hauptmittel der Versorgung besteht selbst-
verständlich in der Gewährung einer fortlaufenden Unterstützung (Pension). Doch
treten für einzelne Klassen der Versorgungsberechtigten an deren Stelle bzw. derselben
zur Seite theils einmalige Unterstützungen, theils Naturalversorgung, theils wenig-
stens die Ertheilung einer Anwartschaft auf solche.
Die Reichsgesetzgebung über das J. beruht auf dem bezüglichen Preußischen R.
(Militärpensionsreglement vom 13. Juni 1825 nebst Nachträgen, in Betreff der
Offiziere und oberen Militärbeamten; Gesetze vom 6. Juli 1865 über die Versor-
gung der Militärinvaliden vom Oberfeuerwerker, Feldwebel und Wachtmeister ab-
wärts, sowie die Unterstützung der Wittwen der im Kriege gebliebenen Militär-
personen desselben Ranges;: Ges. Samml. S. 777; vom 16. Okt. 1866, betr. die Pen-
sionserhöhung für die im Kriege invalide gewordenen 2c. Offiziere und oberen
Militärbeamten und die Unterstützung ihrer Wittwen, Ges. Samml. S. 647; vom
9. Febr. 1867, betr. die Erweiterung mehrerer Bestimmungen der beiden vorge-
dachten Gesetze, Ges. Samml. S. 217), welches nach Art. 61 der Nordd. Bundes-
verf. verbunden mit der Präsidialverordnung vom 7. Nov. 1867 (B.G. Bl. S. 125)
im Norddeutschen Bunde eingeführt wurde. Der Deutsch-Französische Krieg gab
Anlaß zur einheitlichen Neuregelung des J., welche durch das RGes. vom 27. Juni
1871, betr. die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen des Reichsheeres
und der Kaiserlichen Marine, sowie die Bewilligungen für die Hinterbliebenen solcher
Personen (R.G.Bl. S. 275) erfolgte. Mehrfache Ergänzungen brachten die beiden
Novellen vom 4. April 1874, R.G. Bl. S. 25 (tief eingreifend) und vom 30. März
1880, R.G.Bl. S. 99 (betrifft nur die Marine). Einführung der Resetze über J.
in Elsaß-Lothringen durch RGes. vom 8. Febr. 1875, R.G.Bl. S. 69; Preußische
Ausführungsbestimmungen vom 18. Aug. 1871 (Armeeverordnungsblatt S. 227)
und vom 18. Okt. 1871 (S. 292).
A. Die Versorgungspflicht liegt rücksichtlich der Angehörigen des Land-
heeres formell den einzelnen. Bundesstaaten (vgl. auch Gesetz §§ 3, 20, 24, 25, 26,
27, 39, 44, 45, 47, 97 und namentlich 116), rücksichtlich der Angehörigen der
Marine dem Reiche ob. Da jedoch die Ausgaben für das Landheer und die zu
demselben gehörigen Einrichtungen vom Reiche bestritten werden (Art. 62 der Reichs-
verf.), so sind auch die Mittel zur Versorgung der Militärpersonen des Landheeres
und ihrer Hinterbliebenen seitens des Reiches aufzubringen und den Einzelstaaten zur
Verfügung zu stellen. Nur für Bayern besteht auch materiell die Verpflichtung zur
Fürsorge für das J. seines Landheeres, da es gemäß Bündnißvertrags vom 23.
Nov. 1870 III. § 5 (R.G. Bl. 1871 S. 19) die für dasselbe etatisirte Summe nach
selbständig aufgestellten Spezialetats zur Verwendung bringt. Andererseits ist durch
die von zahlreichen Bundesstaaten mit Preußen abgeschlossenen Militärkonventionen
die Verpflichtung der ersteren zur Invalidenversorgung auf letzteres übernommen
worden. Nächstdem ist durch die Gesetze vom 14. Juni 1868 (B.G.Bl. S. 335)