Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

410 Jagdrecht. 
Grundeigenthümer die Befugniß die Jagd zu verpachten oder durch eigene Jäger 
ausüben zu lassen. Das Erträgniß wird dann unter die Grundeigenthümer nach 
der Größe der Besitzungen vertheilt. In Inklaven, welche zu klein sind, um einen 
selbständigen Jagdbezirk zu bilden, wird das J. gegen Entgelt dem Eigenthümer 
oder der jagdberechtigten Korporation jenes Bezirkes überwiesen, von dem jene ein- 
geschlossen sind. Das J. bezieht sich nur auf die jagdbaren Thiere, ein Begriff, der 
in Ermangelung gesetzlicher Anordnungen durch lokales Herkommen bestimmt wird. An 
nicht jagdbaren Thieren besteht das Recht der freien Okkupation. Nach Preuß. LR. 
(I. 9 § 115) hat aber der Grundbesitzer, wenn der Okkupant das Grundstück ohne 
dessen Wissen oder wider seinen Willen betreten hat, einen obligatorischen Anspruch 
auf Auslieferung des gefangenen Thieres. 
Dem J. unterliegt nicht blos die Okkupation durch Erlegen des Wildes, son- 
dern auch die Aneignung des Fallwildes. 
Wird ein Grundstück verpachtet, so ist es zunächst eine Interpretationsfrage, 
ob mit den übrigen Nutzungen desselben auch die Jagd verpachtet sei. Bietet der 
Pachtvertrag keine Anhaltspunkte zur Entscheidung dieser Frage, so gilt die Jagd 
nicht als mitverpachtet. 
In der Wildschadensfrage gehen die neueren Gesetze zum Theil noch weit aus- 
einander. Einige bestimmen, daß jeder Wildschaden am Grundbesitze und dessen 
Erzeugnissen ersetzt werden müsse (Bayern, Oesterreich und Hannover). In Preußen 
besteht ein Anspruch auf Ersatz des durch das Wild verursachten Schadens im 
Allgemeinen nicht. Die Fürsorge gegen denselben wird den Bestimmungen der Jagd- 
verpachtungsverträge überlassen. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken darf die Gemeinde- 
behörde mit Rücksicht auf den Wildschaden die Jagd nicht ruhen lassen, wenn auch 
nur Einer von den Grundbesitzern widerspricht. Zum Theil wird dem Wildschaden 
durch polizeiliche Präventivmaßregeln vorgebeugt. 
Eine rein polizeiliche Beschränkung, an welche die Ausübung des J. gebunden 
ist, liegt in dem Erforderniß gegen Entrichtung einer bestimmten Gebühr eine Jagd- 
karte zu lösen, welche in gewissen gesetzlich normirten Fällen verweigert werden muß, 
in anderen nach dem Ermessen der kompetenten Behörde mit Rücksicht auf die persön- 
lichen Eigenschaften des Impetranten verweigert werden kann. Doch ist der Mangel 
einer Jagdkarte, wenn er auch eine polizeiliche Ordnungsstrase nach sich zieht, ohne 
Einfluß auf die privatrechtlichen Wirkungen der Jagd. Die von Seite des Jagd- 
berechtigten vorgenommene Okkupation giebt das Eigenthum an dem erlegten Thiere, 
mag er nun mit oder ohne Jagdkarte ausgezogen sein. Eine schwierige Frage ist 
es dagegen, ob und wem durch die Okkupationshandlung des Wilddiebs ein Eigen- 
thum erworben worden. Dieser erwirbt es nicht, weil er kein J. hatte. Der Jagd- 
berechtigte gleichfalls nicht, weil bei ihm die Okkupationshandlung fehlt. Manche 
haben daher zu Gunsten des Letzteren eine singuläre Erwerbsart des Eigenthums 
angenommen, andere, so Schütze, lassen den Jagdberechtigten das Eigenthum er- 
werben, weil der Okkupant als dessen unfreiwilliger Stellvertreter betrachtet werden 
müsse, wogegen Gerber dem Jagdberechtigten nur eine Forderung auf Darbringung 
des trotz der Okkupation herrenlos gebliebenen Thieres beilegen will. Das Richtige 
ist, mit Dernburg, dem Jagdherrn nicht eine bloße Forderung gegen den Wilderer, 
sondern ein unmittelbares Aneignungsrecht am Thiere zuzusprechen, in wessen Händen 
es sich auch befinden mag. Vgl. den Art. Wildfolge. 
Gsgb.: Deutsche Grundrechte § 37. — Preußen: Preuß. LR. I. 9 §§ 107 ff.; II. 16 
30. — Gesetz vom 31. Okt. 1848 betreffend die Aufhebung des J. auf fremdem Grund und 
oden und die Ausübung der Jagd. — Jagdpolizeigesetz vom 7. März 1850. — Verordnung 
vom 30. März 1867 betr. das J. im ehemaligen Herzogthum Nassau. — Gesetz vom 1. März 
1873 betreffend die Aufhebung des J. auf fremdem Grund und Boden in den vormals kur- 
fürstlich Hessischen und großherzogl. Hessischen Landestheilen und in der Provinz Schleswig- 
Holstein. — Hannover: Gesetz v. 29. Juli 1850 und v. 11. März 1859. — Sachsen: Ver- 
ordnung vom 13. Mai 1851 und Gesetz vom 27. November 1859. — Baden: Gesetz vom
	        
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