Kabotage. 425
Nach der Natur der Dinge geschieht dies regelmäßig in kleineren zur Schiffahrt auf
hoher See minder geeigneten Fahrzeugen. Die K. kommt I. staats= und völ-
kerrechtlich in Betracht, insofern als sie den Ausländern verwehrt sein kann und
den eigenen Unterthanen vorbehalten wird, wie namentlich in Rußland, Spanien,
Portugal, Nordamerika, Schweden (unter Gleichstellung der Norwegischen Flagge),
Niederländisch Ostindien. Andere Staaten machen die Zulassung ausländischer Schiffe
von der Reziprozität abhängig. Was Deutschland anbelangt, so besteht bis jetzt
keinerlei reichsrechtliche Ordnung. In Ostpreußen, Westpreußen und Pommern gilt
die K. Ordnung vom 20. Juni 1832, welche ausländischen Schiffen bei Strafe der
Konfiskation von Schiff und Gut die Frachtschiffahrt an der Küste verbietet. Aus-
nahmen können in dringenden Fällen und auf Grund der Reziprozität gemacht werden
(Ges. vom 5. Februar 1855). Zugelassen sind demgemäß auf Grund Königl. Ka-
binetsordres Britische, Niederländische, Belgische, Schwedische, Nor-
wegische und Dänische Schiffe, sowie einige andere Nationalitäten auf Grund
bestehender Handelsverträge. Dasselbe gilt von der Zulassung zur K. an den Schles-
wig-Holsteinischen Küsten, wo das Plakat vom 1. Sept. 1819 fremde Schiffe bis
zu 15 Kommerzlasten inkl. von der K. ausschloß. In den übrigen Küstengebieten
Deutschlands ist die K. gesetzlich unbehindert.
Ein dem Reichstage in der III. Session der 4. Legislaturperiode (1880) vorge-
legter Entwurf, betreffend die Küstenfrachtfahrt, will dieselbe ausschließlich Deutschen
Schiffen vorbehalten und anderen Nationalitäten das Recht nur durch Staatsvertrag
oder durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrathes einräumen.
Wo ausländische Flaggen von der K. ausgeschlossen sind, ergiebt sich die völkerrecht-
liche Streitfrage, ob auch ohne Blockade die K. der Neutralen im Kriege durch
Wegnahme der Küstenfahrer geahndet werden darf, wenn eine zu Zeiten des Friedens
verbotene K. den Neutralen zu Kriegszeiten durch einen der kriegführenden Staaten
freigegeben wird, wie beispielsweise 1877 von Rußland nach dem Auskbruch des
Türkischen Krieges bezüglich der Häfen des Schwarzen Meeres geschah. Die Eng-
lische Seerechtspraxis behauptete seit der Mitte des 18. Jahrhunderts die Wir-
kungslosigkeit der Freigebung der K. zu Kriegszeiten. II. Handelsrechtlich.
Für die K. sind die Förmlichkeiten des seerechtlichen Verkehrs mehrfach erleichtert.
Das Preußische Einführungsgesetz zum Allg. Deutschen HGB. vom 24. Juni 1861
§* 10 behält es Königl. Verordn. vor, zu bestimmen, ob und inwieweit die Art.
432—437 des HGB. und die §§ 1—9 des Einführungsgesetzes auf Küstenfahrer
und kleine Fahrzeuge Anwendung finden sollen. Durch Verordnung vom 27. Febr.
1862 werden demgemäß die citirten Bestimmungen für solche zur Küstenfahrt be-
stimmte Fahrzeuge außer Kraft gesetzt, welche nicht mit festem Decke versehen sind.
Das Französische Recht unterscheidet voyage de long cours und cabotage;
erstere begreift jede Seereise nach den beiden Indien, dem Stillen Ozean, Kanale,
Neufundland, Grönland, Süd= und Nordamerika, der westafrikanischen Küste und allen
jenseit des Sundes und der Straße von Gibraltar im Ozean gelegenen Punkten.
Die cabotage ist entweder grand oder petit c., von denen die letztere den Verkehr
zwischen den Französischen Häfen der Südküste einerseits und der Nord= oder Ost-
küste andererseits und den ihnen nächstliegenden Küstenstrichen vermittelt. Das Ges.
vom 21. September 1793 verbietet die Küstenschiffahrt zwischen Französischen Häfen
und auch in Kolonien allen ausländischen Fahrzeugen.
Quellen: Deutsches HGB. Art. 55, 438—567, 710. — Code com. art. 377. — Loi
27 vendém. II. art. 3. — Deutsches Res. v. 25. Okt. 1867. — Oesterreich: Kaiserl. Ent-
schließung vom 28. Januar 1843. — Spanien: Ordenanzas generales vom 15. Juli 1870
art. 158. — Handelsvertrag zwischen dem Deutschen Zollverein und Spanien vom 2. März
1868 art. 14. — Handels= und Schiffahrtsvertrag zwischen Deutschland und Portugal vom
2. März 1865 Art. 14. — Norwegen: Gesetz vom 17. Juni 1869 § 14. — Dänemark:
Ges. vom 1. Sept. 1819 (nicht für die Kolonien gültig) — Italien: Ges. vom 9. April
1855. — Deklaration vom 28. Novbr. 1872. — Griechenland: Königl. Verordn. vom