Kapitel. 433
byterat und eine akademische Würde in der Theologie oder im Kan. Recht und für
die dignitates und personatus mit cura animarum das Alter von 25 Jahren.
Durch die Stiftungsurkunden, Kapitelstatuten und die Deutschen Partikularrechte sind
aber diese Erfordernisse verschärft, so wird z. B. in Preußen, Oesterreich, der Ober-
rheinischen Kirchenprovinz der Presbyterat und meistens Auszeichnung in der Ver-
waltung der Seelsorge, der bischöflichen Administration oder in einem theologischen,
resp. kirchenrechtlichen Lehramt verlangt. Ebenso herrscht in der inneren Verfassung
große Mannigfaltigkeit. An den Rechten des K. mit Sitz (stallum in choro) und
Stimme (votum in capitulo) nehmen nur die canonici actuales, numerarii, residen-
tiales Theil, nicht die sog. canonici honorarii, Ehrendomherren, welche nur ein Recht
auf den Titel, die Insignien und die Theilnahme an den Feierlichkeiten an letzter
Stelle unter den Domherren besitzen. Von diesen sind die in den einzelnen K. (z. B.
in Preußen) vorkommenden Ehrendomherren zu unterscheiden, welche ohne die Ver-
pflichtung der Residenz bei ihrer Anwesenheit am Sitze des K. alle Rechte der
wirklichen Kanoniker haben. Nach dem Tridentinum Sess. V. c. 1 und Sess.
XXIV. c. 8 de reform. soll je ein Domherr mit der Verwaltung des Predigt= und
Lehramtes, sowie des Bußsakramentes als theologus, bzw. poenitentiarius betraut
werden. Die Pflichten der Domherren bestehen in der Verbindlichkeit, binnen zwei
Monaten vom Tage der Besitzergreifung des Amtes das Glaubensbekenntniß und
das Gelübde des Gehorsams gegen die Römische Kirche abzulegen, und der Pflicht
am Ort der Kathedrale anwesend zu sein. Als Korporation hat das K., welches
keineswegs Organ des Bischofs ist und zu den Geistlichen und Laien der Dihzese in
keiner direkten Beziehung steht, die Funktion, täglich das ofücium divinum, den
Gottesdienst in der Domkirche, zu verrichten. Ferner leistet es dem Bischof bei der
Ausübung der Kultushandlungen Assistenz und übt hinsichtlich der Verwaltung der
Diözese das ihm positiv beigelegte Recht der Ertheilung seines consilium, resp. seines
consensus. Für den Fall der Sedisvakanz hat es einmal den Kapitularvikar zu
bestellen; ferner aber in den meisten Deutschen Diözesen, sofern nicht eine landes-
herrliche Nomination stattfindet, den Nachfolger auf dem bischöflichen Stuhle nach
Maßgabe der Th. I. S. 658 dargestellten Grundsätze zu wählen. Endlich hat es
auch, wenn der Bischof durch Heiden oder Schismatiker gefangen wird (sede impe-
dita) interimistisch einen Vikar zu bestellen und gleichzeitig durch Berichterstattung
an den Papst die weiteren Anordnungen desselben, welche gewöhnlich in der Ein-
setzung eines vicarius apostolicus bestehen, zu veranlassen. Die K., welche allent-
halben als Korporationen anerkannt sind, haben das Recht zur Errichtung von
Statuten, zur Abhaltung von Kapitelsversammlungen, zur Führung eines Siegels
und zur Anstellung ihrer Beamten. Doa sie als juristische Personen rechtsfähig sind,
so können sie eigenes Vermögen erwerben, besitzen und dasselbe verwalten, wenngleich
freilich außer Oesterreich die meisten Deutschen K. hauptsächlich durch staatlich ge-
währte Sustentationen unterhalten werden.
Abgesehen von den Kathedralkirchen kommen in der katholischen Kirche auch
K. bei den sog. Kollegiatkirchen und bei den religiösen Orden vor. Die ersteren
sind solche Kirchen, bei welchen eine zu einer Korporation geeinigte Mehrheit der
Geistlichen den Gottesdienst und wenn sie Pfarrkirchen sind, auch die Seelsorge ver-
sieht. Die K. dieser Kanoniker sind ähnlich wie die Domkapitel organisirt, nur
fallen natürlich hier alle Rechte fort, welche irgend welche Beziehung auf die Ver-
waltung der bischöflichen Diözese haben. Bei den religiösen Orden endlich sind die
K. die Organe, welche mit den Oberen der verschiedenen Stufen die wichtigeren
Angelegenheiten erledigen; so kommen außer den K. des einzelnen Ordenshauses,
welche aus den mit der Subdiakonatsweihe versehenen Professen bestehen, noch die
den Ordensprovinzialen und Ordensgeneralen zur Seite stehenden Provinzial= und
General K. vor. Gewöhnlich wählen diese den Oberen der betreffenden Stufe, wiewol
auch freilich Abweichungen von dieser Regel existiren.
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon II. 3. Aufl. 28