Kardinäle. 435
stimmungen ist kein Grund vorhanden, den Kaptans als einen indignus zu behandeln;
vielmehr wären hier betreffenden Falls die Regeln über betrüglich hervorgerufene
letzte Willen anwendbar.
Quellen: I.I. 70, 71, 81 &§ 1 D. de her. inst. 28, 5; I. 64 D. de legatis 1, 30.
Lit.: (Mühlenbruch) Glück, XXXIX. — Keller, Institutionen, § 343. — Van-
gerow, § 434. — Windscheid, § 548. — Bruynen, De capt. inst., Lugd. Bat.
1823. — Sell, Versuche, II. (1834). — Thibaut, Versuche, I. Rivier.
Kardinäle (Th. I. S. 652), die Mitglieder des Senates des Papstes bei
der Regierung der katholischen Kirche, welche sich in die drei Ordnungen der
Kardinalbischöfe, Priester und Diakonen scheiden. Die Ernennung (Kreation) der
K. erfolgt de jure frei durch den Papst, de facto nach vorgängiger Berathung mit
dem Kardinalskollegium. Erklärt derselbe in der Sitzung des letzteren nur, daß er
eine bestimmte Anzahl, deren Namen er nicht nenne, kreirt habe, d. h. reservirt
er K. in petto, so erlangen diese bei späterer Publikation ihrer Namen doch die
Anciennetät vom Tage der Reservation. Der Erwerb des Kardinalats erfolgt
jetzt durch die acceptirte Ernennung, Uebergabe des rothen Hutes und Ringes, sowie
die Anweisung einer bestimmten Kirche, des sog. Titels sind dazu nicht mehr er-
forderlich. K., welche auf den die Kurie allerdings nicht verpflichtenden Vorschlag
der großen katholischen Mächte, Oesterreich, Frankreich und Spanien kreirt sind,
heißen Kron K. Oualifizirt für den Kardinalat sind nur ehelich geborene, nicht
mit FIrregularitäten behaftete Männer, welche das 30. Jahr vollendet, die vier
niederen Weihen erlangt und mindestens ein Jahr lang Tonsur und geistliches Ge-
wand getragen haben, und welche endlich keine lebenden Kinder, resp. Enkel besitzen.
Auch soll bei der Auswahl darauf gesehen werden, daß im Kollegium möRlichst
alle Nationalitäten vertreten und mehrere juristische Doktoren, sowie Magistri der
Theologie vorhanden sind. Freilich kann der Papst von allen diesen Vorschriften
absehen und das ist oft genug im Laufe der Zeiten geschehen. Der neukreirte K.
hat nach der Uebergabe des Hutes den Eid des Gehorsams gegen den Papst zu
leisten. Bei der Zuweisung des Titels an den K. ist der letztere durch das sog.
Optionsrecht beschränkt, d. h. bei der Vakanz eines Titels kann der der Anciennetät
nach älteste K. diesen unter Aufgabe seines bisherigen wählen und zwar findet ein
solches Nachrücken nicht blos innerhalb der einzelnen Klassen der K., sondern auch
von einem ordo in den nächst höheren statt. In der katholischen Hierarchie nehmen
die K. die nächste Stelle nach dem Papst ein. Die diesem hohen Range entsprechenden
wichtigsten Privilegien sind: 1) der ausschließliche Gerichtsstand vor dem Papst;
2) der Grundsatz, daß zu ihrer Ueberführung die größtmögliche Anzahl von Zeugen
verlangt wird; 3) die Behandlung der gegen K. verübten Realinjurien und thät-
lichen Verletzungen als crimen laesae maiestatis; 4) das Sitz= und Stimmrecht auf
den allgemeinen Konzilien; 5) das ausschließliche Vorrecht, zu legati a latere er-
nannt zu werden; 6) die Befugniß, gewisse Rechte der bischöflichen Jurisdiktion in
ihren Titelkirchen auszuüben; 7) endlich die Theilnahme an allen den Bischöfen
gewährten Privilegien. Dagegen haben alle K., mit Ausnahme derjenigen, welche
Bischöfe auswärtiger Diözesen sind, die Residenzpflicht. Die Einkünfte der K. be-
stehen in den Einnahmen aus ihren Kirchen, den ihnen sonst übertragenen Kirchen-
pfründen und dem auf sie fallenden Antheil an den dem ganzen Kollegium zu-
stehenden Gefällen. Erreichen alle diese Einkünfte in Verbindung mit denen aus
einem etwaigen Privatvermögen nicht die Summe von 4000 Seudi, so erhalten
die betreffenden K. das Fehlende in monatlichen Raten (den sog. piatto cardina-
lizio, Kardinalsteller) aus der päpstlichen Kasse ausgezahlt. Als Ehrentitel kommt
ihnen das Prädikat: Eminentia zu; ihre Insignien sind der rothe Hut, das rothe
Barett, der Kardinalsring und das Purpurgewand. Die K. bilden zur Verwaltung
ihrer Angelegenheiten ein eigenes Kollegium, dessen Vorsitz der älteste Kardinalbischof,
gewöhnlich der Bischof von Ostia, führt. Die Verwaltung der Einkünfte und die
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