Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Kausalzusammenhang. 447 
zu werden, welche sich unter Anerkennung der Gleichwerthigkeit aller Erfolgsursachen 
zur Schuld in objektiver Beziehung an bloßer Mit wirkung zum Erfolge genügen 
lassen. So versuchte beispielsweise Stübel, der weit von dieser Anerkennung ent— 
fernt war, indem er von nothwendigen und zufälligen Handlungsfolgen als auf 
einem objektiven Unterschiede beruhend sprach, aus ihnen einen Schluß auf die recht- 
liche OQualität des der Handlung zu Grunde liegenden Willens zu ziehen. Völlig 
findet sich diese Unabhängigkeit noch bei v. Bar aufgehoben. Denn nach der soeben 
erwähnten Kausalitätstheorie dieses Schriftstellers fällt, da derselbe unter dem als 
regelmäßig gedachten Verlauf der Erscheinungen des menschlichen Lebens das Handeln 
ohne rechtsverletzenden Erfolg versteht und somit also ein Mensch Ursache nur von 
einer Widerrechtlichkeit sein kann, der Begriff der Verursachung mit dem der Ver- 
antwortlichkeit für die Verursachung zusammen: ein Resultat, angesichts dessen die 
auf dem verschiedenen Willensinhalte beruhenden Unterschiede von dolus und culpa, 
sowie von rechtswidrigem und nicht rechtswidrigem Willen, völlig in den Hinter- 
grund gedrängt werden. — Vielfach wird der Inhalt der wichtigsten Lehren des 
allgemeinen Theils des Strafrechts durch die Auffassung beeinflußt, von der rücksicht- 
lich des Begriffes des K. ausgegangen wird. Es bezieht sich dies vornehmlich: 
a) Auf die Lehre vom Versuch. Jeder Versuch liefert den Beweis, daß die 
Handlung des Thäters zu dem zur Vollendung erforderten Erfolge in gar keinem 
objektiven Verhältniß steht. Dies ergiebt sich schon daraus, daß solches Verhältniß 
nur zwischen zwei wirklich gewordenen Ereignissen bestehen kann, bei jedem Versuche 
der Erfolg ja aber gerade nicht wirklich wurde, sondern seine Herbeiführung nur in 
in der Absicht des Thäters lag. Von diesem Gesichtspunkt aus ist die Scheidung 
der Versuchshandlungen in solche, die mit tauglichen, und solche, die mit untaug- 
lichen Mitteln unternommen sind, zu verwerfen. Denn dieselbe beruht auf dem 
Gedanken, den Versuchshandlungen käme, obwol bei ihnen allen der Erfolg gleich- 
mäßig ausblieb, dennoch unter Umständen eine objektive Bedeutung für denselben zu. 
Zur gegentheiligen Ansicht gelangen dagegen Diejenigen, welche auf Grund der Unter- 
scheidung von Ursache und Bedingung behaupten, für den ausgebliebenen Erfolg 
könne zwar nie eine Ursache, wohl aber eine Bedingung existiren, und die strafbare 
Versuchshandlung demzufolge für solche Bedingung ausgeben. b) Die Theil- 
nahme. Die Meinung, daß jeder Erfolg das Resultat einer Unzahl mitwirkender 
Momente sei und jede ihm ursächlich gegenüberstehende Handlung immer nur eins 
derselben bilde, führt dazu, die als Miturheberschaft bezeichnete Form der Theil- 
nahme als ein für die Theorie überflüssiges Gebilde zu betrachten. Denn sobald 
zur Schuld in objektiver Beziehung nur Mitwirkung zum Erfolg gefordert werden 
darf, bleibt die Konstruktion der Schuld eines Menschen davon unberührt, daß 
zugleich auch noch Andere mit ihm für den nämlichen Erfolg einzustehen haben. 
Die Mitwirkung dieser Anderen thut seiner Kausalität so wenig Abbruch, wie die 
Mitwirkung der sog. Naturkausalität. Und daß eine Mitwirksamkeit mit rechts- 
widrigem Willen erfüllt ist, bleibt nicht nur auf die objektive, sondern auch auf die 
subjektive Bedeutung der Handlungen aller übrigen Mitthäter ohne Einfluß. Nimmt 
man dagegen an, daß sich bei jedem strafrechtlich zu verantwortenden Erfolge der 
Wille des Schuldigen als die einzige Ursache darstelle, so wird die Statuirung 
dieser Form der Theilnahme allerdings erforderlich. Sie erscheint dann als ein 
Hülfsmittel, welches den Widerspruch heben soll, in dem diese Auffassung vom Ur- 
sachenbegriff zu der Thatsache steht, daß man Mehrere einen und denselben Erfolg 
strafrechtlich verantworten läßt. — Anerkennt man die objektive Gleichwerthigkeit 
aller Erfolgsursachen, so kann die Handlung des Gehülfen nicht auf objektiver Grund- 
lage von der des Urhebers geschieden werden, sondern man ist dann genöthigt, diesen 
Unterschied auf subjektiver Basis festzustellen. Wer dagegen jedem Erfolge nur eine 
Ursache zuschreibt, wird auch von der Handlung des Gehülfen behaupten dürfen, sie 
habe eine geringere objektive Bedeutung für den Erfolg als die des Urhebers.
	        
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