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können durch den Geburtsakt veranlaßt werden. Häufig sind es Störungen des
sötalen Kreislaufes, welche den Tod während der Geburt veranlassen, wie Striktur
der Gebärmutter, Vorfall der Nabelschnur und Umschlingung der Nabelschnur
Die gewaltsamen Todesarten des Kindes nach der Geburt sind: a) Tod
in Folge Unterlassung des nöthigen Beistandes. Er wird herbeigeführt
durch Verblutung aus der Nabelschnur, bei Nichtunterbindung derselben oder durch
den Mangel an Nahrung, wobei in relativ kurzer Zeit Tod durch Erhungern ein-
tritt, oder endlich durch niedrige Temperatur (Erfrierungstod), der bei Neugeborenen
schon bei —+ 6—85 R. giemlich bald eintreten kann. b) Tod durch Erstickung,
der herbeigeführt wird entweder durch Zusammenpressen der Brust, durch Verschließung
von Mund und Nase, durch Mangel von athembarer Luft (Erstickung in irrespirablen
Gasen) oder durch Strangulation, Erwürgung und Erdrosselung oder endlich durch
Ertränken. Eine besonders häufige Art des Ertrinkungstodes kommt hier in Betracht,
nämlich das Ertränken in Aborten, Senkgruben und Kloaken, wo häufig neu-
geborene Kinder ausgefunden werden. Der Beweis, ob sie lebend oder todt dorthin
gekommen, gründet sich auf den Nachweis inspirirter Kloakenflüssigkeit oder Jauche
und kann in Fällen von nicht allzusehr vorgeschrittener Fäulniß allerdings geliefert
werden. In manchen Fällen mag es auch richtig sein, daß Schwangere von Wehen
überrascht wurden und am Abort plötzlich gebaren, so daß das Kind ohne ihr Zu-
thun umkam. Doch erheischen diese Fälle gewiß die größte Vorsicht und Umsicht des
Juristen und Gerichtsarztes, c) Toddurch äußere Verletzungen. Hier kommt in
erster Linie die sogenannte präcipitirte Geburt (Sturzgeburt) in Betracht, wo
durch rasches Ausgetriebenwerden der Frucht, sei es daß die Mutter stehe oder liege,
eine derartige Verletzung des Kopfes erfolgen kann, daß der Tod eintritt. Zweifellos
sind solche Fälle beobachtet worden, doch ist auch hier die größte Vorsicht geboten
und zu bedenken, daß dies seltene Vorkommnisse sind. Von anderen durch die
Mutter selbst herbeigeführten gewaltsamen Todesursachen sind die Verletzungen
des Kopfes sehr häufig, wobei jedoch an jene Ottifikationsdefekte der Schädelknochen
zu erinnern ist, welche Fissuren vertäuschen können. Die Schädelverletzungen werden
zugefügt durch Schläge oder Risse mit der Hand oder stumpfen oder spitzen Werk-
zeugen und durch gewaltsames Zerren am zuerst ausgetretenen Kopfe. An anderen
Organen finden sich Stöße und Schläge auf den Unterleib oder den Thorax
mit Rippenfrakturen und Verletzungen von Extremitäten vor. Verbrennungen und
Verbrühungen mit heißen Flüssigkeiten wurden wiederholt beobachtet, Vergiftungen
dürften bei K. kaum vorkommen.
B. Die Untersuchung der Mutter. Die Michtigkeit ihrer Vornahme
bedarf keiner besonderen Begründung. Es handelt sich hierbei zu konstatiren, ob eine
des K. verdächtige oder angeklagte Person wirklich entbunden habe und zu welcher
Zeit dies geschah und in welchem pfychischen Zustande sich dieselbe zur Zeit der Geburt,
also der That befunden habe.
1) Die Zeichen der stattgehabten Entbindung. Dieselben treten
bei einer vor kurzer Zeit überstandenen Geburt deutlich hervor; nach einiger Zeit
aber verlieren sich manche davon ohne Spuren zurückzulassen. Solche wieder ver-
schwindende Kennzeichen sind: die Störung des Allgemeinbefindens, welche
bei normalen Geburten überhaupt keine sehr beträchtliche ist; die Nachwehen,
bei Erstgebärenden gewöhnlich immer schwach und daher leicht zu verhehlen, hin-
gegen oft sehr stark bei Mehrgebärenden; die Erschlaffung und Weichheit
der Bauchdecken, welche sich durch leichte Verschiebbarkeit und Runzelung der
Bauchhaut erkennen lassen; die pralle Spannung der Brüste, welche sich hart
und knotig anfühlen, wobei die Warzen turgesciren und die Warzenhöfe durch dunkle
Pigmentirung sich auszeichnen und bei Druck Milch entleeren; der Lochialfluß,
ein in der ersten Zeit braunrother, dickflüssiger, übelriechender Ausfluß aus den Ge-