Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Gemeinde, Gemeindeordnungen. 47 
mehr, obwol durch die Agrargesetzgebung die ländlichen Verhältnisse völlig umge— 
staltet waren, die landrechtlichen Bestimmungen über die Gemeindeverfassung und 
namentlich über die selbständige Stellung der Domänen und Rittergüter unverändert 
bestehen und brachte selbst von den auf dieser Grundlage vorbereiteten Provinzial- 
Landgemeindeordn. nur eine einzige, die Landgemeindeordn. für die Provinz West- 
falen vom 31. Oktober 1841, zu Stande. Die Städteordn. von 1808 wurde einer 
Revision unterworfen und eine revidirte Städteordn. vom 17. März 1831 erlassen. 
Diese neue Städteordn. sollten die im Besitz der alten Städteordn. befindlichen 
Städte nach freier Wahl annehmen können — eine Erlaubniß, von der nur drei 
kleine Städte Gebrauch machten; dagegen wurden sie in denjenigen Landestheilen, 
in denen die Städteordn. von 1808 nicht zur Geltung gelangt war, namentlich in 
der Provinz Sachsen und in den Provinzen Westfalen und Posen für die größeren 
Städte, eingeführt. Nur die Städte Neuvorpommerns behielten ihre alte statuta- 
rische Verfassung, und für die Rheinprovinz wurde eine Stadt und Land gleich- 
mäßig umfassends Gem. Ordn. vom 23. Juli 1845 erlassen. 
Nach verschiedenen gescheiterten Versuchen neuer G. gesetzgebungen des Jahres 
1848 erging auf Grund der in Art. 105 der Verfassungsurk. vom 31. Jan. 1850 
festgestellten Prinzipien die Gem. Ordn. vom 11. März 1850, welche im engsten Zu- 
sammenhange mit der Kreis-, Bezirks= und Provinzialordn. von demselben Tage die 
Vertretung und Verwaltung aller G. des Preußischen Staats, mit einigen für die 
G. mit nicht mehr als 1500 Einwohnern in Tit. 3 festgesetzten Modifikationen, 
gleichförmig regeln sollte. Die Einführung dieser Gem. Ordn. war indeß in den Städten 
noch nicht zur Hälfte erfolgt und hatte in den Landgemeinden kaum begonnen, als 
ein königlicher Erlaß vom 19. Juni 1852 die weitere Einführung sistirte. Mit 
Zustimmung der Kammern erfolgte dann unterm 24. Mai 1853 die formelle Auf- 
hebung des Art. 105 der Verfassungsurk., und der beiden Gesetze vom 11. März 
1850. Die früheren Zustände in den Landgemeinden wurden wieder hergestellt und 
es ergingen in den folgenden Jahren die noch heute geltenden Gesetze über die Ge- 
meindeverfassung. 
Von den alten Landestheilen der Preußischen Monarchie haben hiernach: a) die 
6 östlichen Provinzen keine vollständige Landgemeindeordn. Es gilt das A. LR. 
nebst provinzieller Gesetzgebung und Ortsherkommen; nur als Ergänzung für ein- 
zelne Punkte ist ein Gesetz, betr. die Landgemeindeverfassung, vom 14. April 1856 
ergangen. In einigen wichtigen Punkten greift jedoch jetzt die Kreisordnung vom 
13. Dezember 1872 in das Recht der Landgemeinden reformirend ein. In den 
Städten gilt die Städteordn. vom 30. Mai 1853, jedoch mit Ausschluß von Neu- 
vorpommern und Rügen, wo das Gesetz vom 31. Mai 1853 die bisherigen Ver- 
fassungen bestätigt resp. wieder in Kraft gesetzt hat. b) In der Provinz Westfalen 
sind eine Städteordn. und eine Landgemeindeordn., beide vom 19. März 1856, an 
die Stelle der älteren Gesetze getreten. Die Landgemeindeordn. gilt aber mit einer 
Reihe von Modifikationen auch in den kleineren Städten, wobei unter Vorbehalt 
königl. Bestätigung ein gewisses Wahlrecht der G. stattfindet. c) In der Rhein- 
provinz gilt für die größeren Städte die neue Städteordn. vom 15. Mai 1856, 
für alle anderen G. die Gem. Ordn. vom 23. Juli 1845 mit den durch das Gesetz vom 
15. Mai 1856, betr. die Gemeindeverfassung der Rheinprovinz, angeordneten Ab- 
änderungen. d) In den Hohenzollernschen Landen gelten in Sigmaringen die 
Gem. Ordn. vom 6. Juni 1840, in Hechingen die Landgemeindeordn. vom 19. Oktober 
1833 und die Stadtordn. für Hechingen vom 15. Januar 1833. 
Von den neuerworbenen Landestheilen entbehrte a) Schleswig-Holstein bei der 
Einverleibung jedes allgemeine G. gesetz. Für diese Provinz ist seitdem die vollstän- 
dige Städte= und Fleckenordn. vom 14. April 1869 ergangen, während in den 
Landgemeinden die alte Verfassung fortbesteht und nur einzelne Punkte ihrer Fort- 
bildung und ihr Verhältniß zum Staat durch Gesetz vom 22. Sept. 1867 geregelt
	        
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