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502 Konjunktion der Erben.
Von dem bisher ins Auge gefaßten Sprachgebrauch, wonach die conjunctio die
in fr. 142 D. 50, 16 genannten drei Arten des Zusammenhangs umfaßt, giebt
es bei Vermächtnissen eine Abweichung, indem hier unter conjuncti entweder nur die
re et verbis conjuncti (8 8 i. f. I. 2, 20; Gaj. II. 199; Ulp. XXIV. 12, 13.
fr. 1 § 3 D. 7, 2) oder auch die re conjuncti, aber mit Ausschluß der verbis
conjuncti (s. Windscheid, III. 8 644, 9 a. E.) verstanden werden. Nach diesem
Sprachgebrauch sind die re conjuncti oder die verbis conjuncti nicht conjuncti,
sondern separati.
Die conjunctio ist im Römischen Recht in doppelter Beziehung von Einfluß,
einmal hinsichtlich der Frage, wie in den Fällen der re und re et verbis conjunctio
getheilt werden soll, sodann hinsichtlich des Anwachsungsrechts. In letzterer Be-
ziehung ist aus den Art. Accrescenz zu verweisen, in ersterer ist zu bemerken, daß
nach dem jüngeren Römischen Recht (c. 1 § 10 C. 6, 51, älteres für das Dam-
nationslegat s. Gaj. II. 205), die conjuncti das ihnen gemeinsame Objekt nach
Köpfen unter sich theilen (fr. 142 D. 50, 16; fr. 11, 15. pr. 59 § 2 D. 28, 5;
fr. 7 D. 7, 2), während die bloße verbis conjunctio auf den Theilungsmodus ohne
Einfluß bleibt (fr. 67 D. 28, 5). Treffen re et verbis conjuncti mit blos re
conjuncti zusammen, so sind wieder die ersteren gegenüber den letzteren als eine Ein-
heit aufzufassen (doch nicht unbedingt: s. v. BVangerow §N 496, 3 III.:; Unger,
Erbr., § 38, 5).
Die heutige Anwendbarkeit der Römischen Grundsätze über K. der Erben und
Vermächtnißnehmer wird mit Rücksicht darauf, daß diese Rechtsregeln auf der jetzt
abgeschafften (c. 15 C. 6, 23) Solennität der Testamentsworte beruhen, meist dahin
moderirt, daß die K. lediglich Anhaltspunkte für die Interpretation letztwilliger
Verfügungen geben könne, während im Uebrigen die Interpretation sich an die
Worte nicht binden dürfe. Der Erblasser disponirt ja durch die K. über die Thei-
lung der Erbschaft ebenso wie über die Vertheiluug beim Anwachsungsrecht, welches
Letztere bei Vermächtnissen ohne die K. überhaupt nicht eintreten würde. Auch die
Anwendbarkeit der K.regeln auf Erbverträge ist in jenem moderirten Sinne gewiß
zu bejahen; man wird sogar bei Konkurrenz von testamentarischen und Vertragserben
jene wie diese als conjuncti behandeln müssen (Seuffert, III. § 593, 8).
Von den modernen Gesetzgebungen nimmt nur die Sächsische (Ben.= 2175)
den Standpunkt des Römischen Rechts völlig ein, indem sie bestimmt, dos die in
einem Satze oder die in einer Kollektivbezeichnung Verbundenen nur einen Theil
erhalten, und diese Berechnung auch für das Anwachsungsrecht maßgebend sein läßt
(§ 2270, §§ 2431—33). Das Oesterreichische Recht steht dagegen auf dem modernen
Standpunkt (Unger, Erbr., § 15, 8) und ebenso das Preußische (Dernburg,
Preuß. Privatrecht, III. § 129, 7, 8; § 130, 7; § 135, 10 ff. Anderer Meinung
Förster, Preuß. Privatrecht, IV. 309, § 272; vgl. § 251, 74—84). Nach Fran-
zösischem Gerichtsgebrauch kommt die K. im Wesentlichen blos in Betracht beim
Anwachsungsrecht (Zachariä-Puchelt, Französisches Civilrecht, IV. §§ 726,
15, 16). Demnach hat F. Mommsen in seinem Entwurf eines Deutschen Reichs-
gesetzes über das Erbrecht (1876) wol das Richtige getroffen, wenn er die subtilen
K.regeln des Römischen Rechts nicht ausgenommen hat (§ 140, 2; 235).
Lit. (besonders, die Rrage der Werresrenz unter conjuncti betreffend): Thibaut, Archiv
für die civ. Prax. VII. Nr. 21. — Buchholtz, Civ. Abhandlungen Nr. 7. — Zimmern
und Neustetel, ar rechtl. Untersuchungen, Nr. 4. — Glück, Erläut. der Pandekten,
XLIIi. 303—342 Mülenbruch; XIVI. 476—519 (Arndts). — Unger, System VI.
(Erbrecht) § 15, 7— 9; 63, 3—5. — S. ferner die gesammte Monographien= -Lit. über
Accrescenzrecht. — Pand. gehrb: Arndts, § 494 3; 518 3; 556 3—6. — Göschen,
III. 2 §§ 972, 804. — Keller, II. § 486, 4. — Pucht a, 88 474,b, 542. — Seuffert,
III. §§ 541, 6, 16; 593 14—18; 604. 14; 621. 5, 6 a -8. —v. Vangerow, II. § 496 23.—
Windscheid, III. 88 604 2—5, 644 9—13. — v. Roth, Bayr. Civilrecht, III. 378, 31—38.
J. Merkel.