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und des Strafmaßes gebunden. Ist aber freilich die von ihm auszusprechende Strafe
von schwererer Art als die durch die frühere Verurtheilung festgesetzte, so bildet jene
die Einsatzstrafe. Der Richter muß von ihr ausgehend eine Gesammtstrafe verhängen
und die frühere Strafe für erledigt (oder besser für „wegfallend“ — Olshaufen)
erklären. 6) Der Richter kann auch trotz der neuen Verurtheilung die frühere Strafe
für genügend erachten und braucht sie dann nicht durch eine Zusatzstrafe zu erhöhen.
7) Der § 492 der RStrafP O. bestimmt: „Ist Jemand durch verschiedene rechtskräf-
tige Urtheile zu Strafen verurtheilt worden und sind dabei die Vorschriften über
die Zuerkennung einer Gesammtstrafe (§ 79 des RStrafG# V.) außer Betracht geblieben, so
sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine
Gesammtstrafe zurückzuführen.“ Hierdurch ist dem Verurtheilten das beneficium des
§ 79 auch für die Fälle gesichert, in welchen die Einlegung eines Rechtsmittels keine
Abhülfe bringen kann. Abs. 3 des § 494 der StrafP O. enthält die näheren Be-
stimmungen über das für die nach § 492 zu fällende Entscheidung zuständige Ge-
richt. — Kontrovers ist, ob das Straf GB. die Begriffsbestimmung des fortgesetzten
Verbrechens als definitio periculosa der Wissenschaft überlassen, den Begriff aber
dabei namentlich durch den Ausdruck „selbständige Handlungen“ doch implicite an-
erkannt oder ob es ihn vielmehr als unzulässig beseitigt habe. Für die letztere, wol
dem Gesetz nicht entsprechende, Ansicht z. B. Oppenhoff, Meyer, für die erstere
v. Schwarze, Rüdorff, Berner, Schütze, Merkel, Stemann, Ortmann,
Binding, Olshausen. Uebrigens verhalten sich Rüdorff und Schütze, zum
Theil auch v. Schwarze ziemlich skeptisch gegenüber dem Begriff des fortgesetzten Ver-
brechens. Gegner der Annahme eines „fortgesetzten Verbrechens“ überhaupt sind
(wol mit Recht, vgl. Th. I. S. 739) Sander, Temme, Trummer, Diet,
Oppenhoff, v. Buri, Rubo, v. Lilienthal. — Das Reichsgericht erkennt
in seinem Urtheil vom 1. Juli 1880 (Rechtspr. II. S. 148 ff.) den Begriff des
fortgesetzten Verbrechens als einen gültigen an, ohne ihn zu definiren; vgl. auch die
Erkenntnisse vom 15. Mai und 10. Juni 1880 — Rechtspr. I. S. 788 ff. und II.
S. 53 ff. — Dafß sich ein fortgesetztes kulposes Delikt nicht denken lasse, behaupten
z. B. Köstlin, Marezoll, v. Schwarze, Hälschner, Berner, Stemann,
anderer Meinung dagegen z. B. Mittermaier, Krug, v. Woringen, Geib,
Schütze, Ortmann.
Das Oesterr. Straf GB. stellt als Regel für alle Fälle, in welchen mehrere
strafbare Handlungen desselben Schuldigen Gegenstand der nämlichen Untersuchung
und Aburtheilung sind, die Anwendung der poen major hin, bei deren Ausmessung
die konkurrirenden Delikte als Straferhöhungsgründe („erschwerende Umstände") zu
berücksichtigen sind. Eine Ausnahme bilden die Geldstrafen, insofern auf sie neben
den verwirkten anderweiten Strafen stets gesondert zu erkennen ist, während für
mehrere konkurrirende Geldstrafen die obige Regel ebenfalls gilt. — Der § 265
der Oesterr. StrafP O. ferner sagt: „Wird ein Angeklagter, gegen welchen bereits ein
Strafurtheil ergangen ist, einer anderen vor der Fällung jenes Strafurtheils be-
gangenen strafbaren Handlung schuldig befunden, so ist bei Bemessung der Strafe
für die neu hervorgekommene strafbare Handlung auf die dem Schuldigen durch das
frühere Erkenntniß zuerkannte Strafe angemessene Rücksicht zu nehmen, so daß die im
Gesetze für die schwerere strafbare Handlung bestimmte höchste Strafe nie über-
schritten werden darf.“ Der Oesterreichische Richter kann hiernach ebenso wie der
Deutsche es auch bei der in dem früheren Urtheil ausgesprochenen Strafe bewenden
lassen, wenn er findet, daß dieselbe auch für das neu zum Vorschein gekommene
Verbrechen ausreiche. Ueber die prozessualischen Gestaltungen mit Rücksicht auf den
nach der Oesterr. Straf# O. gestatteten Vorbehalt der Strafverfolgung wegen der neu
hinzugekommenen strafbaren Handlung s. Ullmann, Lehrbuch, S. 575 ff. —
Ueber die Anwendung von § 264 Abs. 4 unserer Straf P O. wenn in der Haupt-
verhandlung reale statt der im Eröffnungsbeschluß angenommenen idealen K. zum