Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

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und des Strafmaßes gebunden. Ist aber freilich die von ihm auszusprechende Strafe 
von schwererer Art als die durch die frühere Verurtheilung festgesetzte, so bildet jene 
die Einsatzstrafe. Der Richter muß von ihr ausgehend eine Gesammtstrafe verhängen 
und die frühere Strafe für erledigt (oder besser für „wegfallend“ — Olshaufen) 
erklären. 6) Der Richter kann auch trotz der neuen Verurtheilung die frühere Strafe 
für genügend erachten und braucht sie dann nicht durch eine Zusatzstrafe zu erhöhen. 
7) Der § 492 der RStrafP O. bestimmt: „Ist Jemand durch verschiedene rechtskräf- 
tige Urtheile zu Strafen verurtheilt worden und sind dabei die Vorschriften über 
die Zuerkennung einer Gesammtstrafe (§ 79 des RStrafG# V.) außer Betracht geblieben, so 
sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine 
Gesammtstrafe zurückzuführen.“ Hierdurch ist dem Verurtheilten das beneficium des 
§ 79 auch für die Fälle gesichert, in welchen die Einlegung eines Rechtsmittels keine 
Abhülfe bringen kann. Abs. 3 des § 494 der StrafP O. enthält die näheren Be- 
stimmungen über das für die nach § 492 zu fällende Entscheidung zuständige Ge- 
richt. — Kontrovers ist, ob das Straf GB. die Begriffsbestimmung des fortgesetzten 
Verbrechens als definitio periculosa der Wissenschaft überlassen, den Begriff aber 
dabei namentlich durch den Ausdruck „selbständige Handlungen“ doch implicite an- 
erkannt oder ob es ihn vielmehr als unzulässig beseitigt habe. Für die letztere, wol 
dem Gesetz nicht entsprechende, Ansicht z. B. Oppenhoff, Meyer, für die erstere 
v. Schwarze, Rüdorff, Berner, Schütze, Merkel, Stemann, Ortmann, 
Binding, Olshausen. Uebrigens verhalten sich Rüdorff und Schütze, zum 
Theil auch v. Schwarze ziemlich skeptisch gegenüber dem Begriff des fortgesetzten Ver- 
brechens. Gegner der Annahme eines „fortgesetzten Verbrechens“ überhaupt sind 
(wol mit Recht, vgl. Th. I. S. 739) Sander, Temme, Trummer, Diet, 
Oppenhoff, v. Buri, Rubo, v. Lilienthal. — Das Reichsgericht erkennt 
in seinem Urtheil vom 1. Juli 1880 (Rechtspr. II. S. 148 ff.) den Begriff des 
fortgesetzten Verbrechens als einen gültigen an, ohne ihn zu definiren; vgl. auch die 
Erkenntnisse vom 15. Mai und 10. Juni 1880 — Rechtspr. I. S. 788 ff. und II. 
S. 53 ff. — Dafß sich ein fortgesetztes kulposes Delikt nicht denken lasse, behaupten 
z. B. Köstlin, Marezoll, v. Schwarze, Hälschner, Berner, Stemann, 
anderer Meinung dagegen z. B. Mittermaier, Krug, v. Woringen, Geib, 
Schütze, Ortmann. 
Das Oesterr. Straf GB. stellt als Regel für alle Fälle, in welchen mehrere 
strafbare Handlungen desselben Schuldigen Gegenstand der nämlichen Untersuchung 
und Aburtheilung sind, die Anwendung der poen major hin, bei deren Ausmessung 
die konkurrirenden Delikte als Straferhöhungsgründe („erschwerende Umstände") zu 
berücksichtigen sind. Eine Ausnahme bilden die Geldstrafen, insofern auf sie neben 
den verwirkten anderweiten Strafen stets gesondert zu erkennen ist, während für 
mehrere konkurrirende Geldstrafen die obige Regel ebenfalls gilt. — Der § 265 
der Oesterr. StrafP O. ferner sagt: „Wird ein Angeklagter, gegen welchen bereits ein 
Strafurtheil ergangen ist, einer anderen vor der Fällung jenes Strafurtheils be- 
gangenen strafbaren Handlung schuldig befunden, so ist bei Bemessung der Strafe 
für die neu hervorgekommene strafbare Handlung auf die dem Schuldigen durch das 
frühere Erkenntniß zuerkannte Strafe angemessene Rücksicht zu nehmen, so daß die im 
Gesetze für die schwerere strafbare Handlung bestimmte höchste Strafe nie über- 
schritten werden darf.“ Der Oesterreichische Richter kann hiernach ebenso wie der 
Deutsche es auch bei der in dem früheren Urtheil ausgesprochenen Strafe bewenden 
lassen, wenn er findet, daß dieselbe auch für das neu zum Vorschein gekommene 
Verbrechen ausreiche. Ueber die prozessualischen Gestaltungen mit Rücksicht auf den 
nach der Oesterr. Straf# O. gestatteten Vorbehalt der Strafverfolgung wegen der neu 
hinzugekommenen strafbaren Handlung s. Ullmann, Lehrbuch, S. 575 ff. — 
Ueber die Anwendung von § 264 Abs. 4 unserer Straf P O. wenn in der Haupt- 
verhandlung reale statt der im Eröffnungsbeschluß angenommenen idealen K. zum
	        
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