Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

50 Gemeindebeamte. 
heiten (Kollegien, Versammlungen), welche durch die Gemeindeverfassung innerhalb 
einer begrenzten Kompetengsphäre zur Darstellung der Gemeindepersönlichkeit berufen 
sind, so daß durch sie die Gemeinde als solche mit rechtlicher Wirkung will und 
handelt. Alle Organe kontinniren sich in einem wechselnden Personalbestande. In 
bedeutendem Umfange nun wird dieser Personalbestand in der Weise hergestellt, daß 
die Funktion als Organ oder Organtheil zugleich den Charakter eines besonders zu 
übertragenden Gemeindeamtes empfängt. Allein einerseits giebt es Organe, die ohne 
jedes Amtsverhältniß in Funktion treten; so unter den unmittelbaren Gemeinde- 
organen die Wählerversammlung oder die beschließende Gemeindeversammlung, unter 
den mittelbaren Gemeindeorganen die nach freiem Beschluß ad hoc gebildeten Aus- 
schüsse und Kommissionen. Andererseits giebt es Gemeindeämter, die keinerlei Beru- 
fung zum Wollen und Handeln für die Gemeinde enthalten und somit auch nicht 
die Stellung eines Organs oder Organtheils erzeugen; so die rein technischen oder 
wissenschaftlichen Gemeindeämter (3. B. städtische Baubeamte, Aerzte, Gemeinde- 
lehrer). 
Jedes Gemeindeamt bedarf eines lebendigen Trägers, der auf Grund der Ge- 
meindeverfassung durch einen besonderen Akt eines Gemeindeorgans dazu bestellt wird, 
mag nun diese Bestellung auf eine bestimmte Zeit oder lebenslänglich erfolgen. In 
allen Fällen entsteht daraus zwischen der Gemeinde als solcher und dem Träger des 
Gemeindeamts ein besonderes Rechtsverhältniß, welches den allgemeinen Rechten und 
Pflichten, die zwischen der Gemeinde und ihren Gliedern bestehen, spezielle Rechte 
und Pflichten hinzufügt. Dieses Rechtsverhältniß aber kann wieder sehr verschie- 
dener Art sein und in sehr ungleichem Maße auf die gesammte Rechtsstellung des 
Amtsträgers einwirken. Den umfassendsten Inhalt gewinnt es, wenn das Amt einer 
Person übertragen wird, welche aus dem öffentlichen Dienst ihren Lebensberuf macht. 
In diesem Falle entsteht das Verhältniß eines eigentlichen „G.“. Einzelne Rechte und 
Pflichten aber, wie sie dem Beamtenverhältniß angehören, treten auch dann ein, 
wenn das Gemeindeamt von einem Gemeindeangehörigen, welcher seinen Lebens- 
beruf nicht im öffentlichen Dienst findet, nebenbei verwaltet wird. In einem solchen 
Falle kann man sagen, daß zwar die Person als solche nicht die Qualität eines G. 
annimmt, daß aber das Rechtsverhältniß zwischen dem Amtsträger und der Ge- 
meinde sich als partielles Beamtenverhältniß darstellt. Hieraus erklärt sich die Un- 
sicherheit des Sprachgebrauchs im Leben und in den Gesetzen, indem der Begriff des 
B. bald streng auf die besoldeten Berufsbeamten in kommunalem Dienste einge- 
schränkt, bald mehr oder minder weit auch auf die unentgeltlich und nebenbei im 
Gemeindedienst thätigen Funktionen erstreckt wird. 
Letztere sind in der Gemeinde außerordentlich zahlreich vorhanden, da in weit 
größerem Umfange als im Staat hier die Aemter den Charakter von Ehrenämtern 
haben. Dies gilt nicht blos überall von der Mitgliedschaft in den repräsentativen 
oder vornehmlich repräsentativen Gemeindeorganen, sondern großentheils auch von 
den Verwaltungsämtern. Wo die Gemeindeobrigkeit ein Kollegium ist, pflegt ein 
Theil seiner Mitglieder, wie z. B. die unbesoldeten Stadträthe in Preußen, sich in 
ehrenamtlicher Stellung zu befinden. Wo ein Einzelvorsteher an der Spitze steht, 
ist das Gleiche nicht selten bei diesem, immer mindestens bei einem Theil seiner 
Beistände und der mitverwaltenden Gemeinderäthe der Fall. Ueberdies werden in 
großer Mannigfaltigkeit untergeordnete Verwaltungsämter, wie z. B. die Aemter der 
Bezirksvorsteher, der kommunalen Schulinspektoren, der Mitglieder der einzelnen 
Verwaltungs= und Aufsichtsdeputationen, der Gemeindewahlkommissäre 2c., als stän- 
dige oder vorübergehende ehrenamtliche Funktionen übertragen. Die Uebernahme 
aller solcher Gemeindeämter ist der Regel nach nicht Sache des freien Willens, 
sondern Bürgerpflicht. Sämmtliche Deutsche Gemeindeordnungen halten an dem im 
Deutschen Gemeinderecht von je anerkannten Prinzip fest, daß jeder Aktivbürger zur 
Ablehnung eines Gemeindeamts nur dann berechtigt ist, wenn ihm gesetzliche Ent-
	        
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