Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Krankenanstalten. 575 
2) Die Sicherung eines genügenden Luftraumes für jedes Krankenbett (40 
Kubikmeter in gut eingerichteten K.) und einer genügenden Lufterneuerung (etwa 
80 Kubikmeter pro Bett und Stunde) in sämmtlichen Räumen. Bei dem alten 
Systeme der centralen Vereinigung einer großen Krankenzahl zusammen mit dem 
Oekonomiebetriebe unter Einem Dache begegnete die nothwendige Lufterneuerung 
großen Schwierigkeiten, und Infektionskrankheiten nisteten sich trotz aller Sorgfalt 
oft mit größter Hartnäckigkeit ein. Die neueren Hospitalbauten sind fast ausnahms- 
los auf das Prinzip der baulichen Decentralisirung begründet, — Pavillon-, Ba- 
rackensystem; noch weiter gehend ist das System der transitorischen Hüttenlazarethe, 
der Krankenkolonien, der schwimmenden und der Zellenhospitäler, welche durch häu- 
figen Ortswechsel den Gefahren lokaler Infektion ausweichen. 
3) Die Heizungsweise der Säle und Korridore. Dieselbe muß eine gleich- 
mäßige sein und darf der Luft weder ein Uebermaß an Feuchtigkeit noch an Trocken- 
heit geben. · 
4) Die Unterordnung des gesammten Krankendienstes unter die sachverstän— 
dige Leitung eines approbirten Arztes. Der Gefahr, vermöge der seit 1869 ein- 
geführten ärztlichen Gewerbefreiheit auch Pfuscher in die Stellung als Hospitalärzte 
sich einführen zu sehen, ist bezüglich der Staats= und Gemeindeanstalten durch den 
§ 29 der Deutschen Gewerbeordnung vorgebeugt, während bezüglich der Privat- 
anstalten nur die vorerwähnte richterliche Deutung des § 30 einen Schutz gewährt. 
Der von einigen ärztlichen Autoritäten, z. B. Pappenheim, erhobene Anspruch, 
daß auch die oberste Verwaltung einer K. nothwendig einem Arzte zu übertragen 
sei, ist gerechten Widersprüchen begegnet und dürfte in der Praxis schon wegen der 
seltenen Vereinigung administrativer Befähigung und Erfahrung mit ärztlich wissen- 
schaftlicher Tüchtigkeit sich als nicht allgemein durchführbar erweisen. 
5) Die Isolirung der an ansteckenden Krankheiten Leidenden, 
und die Desinfektion ihrer Kleider und Wäsche. Ohne eine wirksame Isolirung 
z. B. der ausgenommenen Blatternkranken und ohne die erforderlichen Desinfektions- 
maßregeln würden die K. zu Hauptverbreitungsheerden der gefährlichsten Seuchen 
werden. Zur Zeit herrschender Seuchen müssen die Desinfektionseinrichtungen der 
Krankenhäuser auch für die Kleider und Betten der in Privatpflege befindlichen 
Kranken verwerthbar gemacht werden. 
6) Die Diät der Kranken, welche einer genauen Regelung unterworfen sein 
und nicht in die Hände eines Unternehmers gelegt, sondern von der Verwaltung 
direkt unter maßgebender Bestimmung und Kontrole des Chefarztes beschafft 
werden muß. 
7) Die Anlage genügender Badeeinrichtungen. In den neueren Eng- 
lischen Hospitälern ist jeder Krankensaal mit einem eigenen vollständig ausgestatteten 
Baderaume versehen. 
8) Die gesonderte Unterbringung beider Geschlechter in verschiedenen Ab- 
theilungen. 
9) Die ausreichende Anzahl und Qualifikation des Pflegepersonals, sowie 
die Vermeidung unangemessener konfessioneller Einwirkungen desselben auf die Kranken. 
Die Erfahrungen über nachtheilige Folgen des religiösen Bekehrungseifers, zu welchem 
manche Mitglieder der übrigens so vortrefflich wirkenden krankenpflegenden Ordens- 
genossenschaften sich hinreißen lassen, machen es der staatlichen Aufsichtsbehörde zur 
Pflicht, auch in dieser Hinsicht ein wachsames Auge zu halten. 
10) Die statistische Buchführung und Berichterstattung über 
Natur und Verlauf aller zur Aufnahme gelangter Erkrankungsfälle. Der Staat darf 
verlangen, daß jede öffentliche und private K. ihren Erfahrungsbeitrag liefere zur 
Sammlung derjenigen Thatsachen, deren Konstatirung auf hinreichend breiter Grund- 
lage den Schlüssel bietet zur Beantwortung der wichtigsten Fragen auf dem Gebiete 
der Gesundheitswirthschaft. Die Krankenhausstatistik ist daher mit Recht im Deutschen
	        
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