56 Gemeindebürgerrecht, Gemeindeverfassung.
Amtsfähigkeit durch Strafurtheil beendigt. Sodann durch Entziehung des Amts
im Wege des Disziplinarverfahrens (Dienstentlassung). Endlich durch unfreiwillige
D-ersetzung in den Ruhestand.
Die Pensionsausprüche der nicht wieder gewählten oder der wegen Dienst-
unfähigkeit in den Ruhestand getretenen oder versetzten G. sind meist gesetzlich fixirt.
So betragen sie in den Prenßischen Städten bei den auf Zeit gewählten Bürger-
meistern und besoldeten Magistratsmitgliedern nach 6-, 12-, resp. 24jähriger Dienst-
jeit ¾. 12, resp. 23 des Gehalts, während die auf Lebenszeit angestellten besol-
deten G., sofern nichts Anderes mit ihnen verabredet ist, nach denselben Grundsätzen,
welche bei unmittelbaren Staatsbeamten Anwendung finden, Pension erhalten. Hin-
sichtlich der Pensionsansprüche steht der Rechtsweg offen (anomale Beschränkungen
desselben finden sich in der Preuß. Städteordn. § 65).
Quellen: Die Gemeindeordnungen (vgl. oben).
Die Lit. vgl. hinter dem Art. Gemeindehaushalt. O. Gierke.
Gemeindebürgerrecht, Gemeindeverfassung. Die Gemeinde setzt sich,
wie alle Körperschaften, aus gewissen Elementen zusammen; es sind dies ein Ge-
biet und eine Bürgerschaft. Zum lebendigen Körper verbinden sich diese Ele-
mente vermöge einer bestimmten Organisation, deren Ausdruck die Verfassung
der Gemeinde ist. Der so belebte Organismus hat eine begrenzte Sphäre, welche
das Gebiet seiner Lebensthätigkeit bildet und ihm somit eine bestimmte rechtliche
Bedeutung im Verhältniß zu seinen Gliedern, zu Dritten und zu höheren Orga-
nismen, insonderheit zum Staate, verschafft. Nach diesen Gesichtspunkten sind hier
die Grundzüge des geltenden Deutschen Gemeinderechts darzustellen.
I. Das Gemeindegebiet (Gemeindegemarkung, Gemeindebezirk) ist einer-
seits die unterste Abtheilung des Staatsgebietes, andererseits das in sich geschlossene
Territorium des örtlichen Gemeinwesens. Aus dem ersten Theile dieses Satzes er-
giebt sich die Nothwendigkeit staatlicher Mitwirkung bei der Bildung, Abgrenzung
und Veränderung eines Gemeindebezirks, sowie das nicht nur in den Gemeindeordn.
ausgesprochene, sondern oft in die Verfassungsurkunden aufgenommene Prinzip, daß jedes
Grundstück im Staate einem Gemeindeverbande angehören soll. Exemtionen finden
indeß nicht nur meist zu Gunsten von Waldungen und Müsteneien, sondern in
manchen Staaten, und namentlich in Preußen und Sachsen (Landgem. Ordn. vom 24.
April 1873 88 82—88) auch zu Gunsten der selbständigen Gutsbezirke statt, welche dann
die Bedeutung selbständiger, vom „Gutsvorsteher"“ verwalteter und vertretener Ge-
meindeverbände haben. Aus der zweiten Eigenschaft des Gemeindegebietes, das
territoriale Substrat eines selbständigen Gemeinwesens zu sein, ergiebt sich die Noth-
wendigkeit einer Sicherstellung der Gemeinde gegen willkürliche Veränderung oder
Entziehung ihrer Gemarkung. In dieser Beziehung begnügen sich indeß die Ge-
meindeordn. meist, eine vorherige „Anhörung“ der Gemeindevertretung und anderer
Betheiligter anzuordnen; nur wenn ein ganzer bisher selbständiger Gemeindebezirk
mit einem andern Bezirk vereinigt werden soll, darf gewöhnlich (z. B. in Preußen)
die Verwaltungsbehörde nicht ohne Zustimmung der Betheiligten vorgehen.
II. Gemeindebürgerschaft. Wie das Gemeindegebiet, so hat der Per-
sonenverband der Gemeindeangehörigen zugleich eine staatliche und eine korporative
Seite. Die richtige Begrenzung und harmonische Verbindung beider bildet die
schwierigste Aufgabe der neueren Gemeindegesetzgebungen. Alles wahre Gemeindeleben
muß untergehen, wo man nach Französischer Weise in der Gemeinde nichts als eine
numerische Abtheilung der Staatsbürger und folglich im Gemeindebürgerrecht nichts als
das lokal angewandte Staatsbürgerrecht sieht, — ein Gedanke, dem in charakteristi-
scher Weise, z. B. das Nassauische Gemeindeedikt von 1816 § 2 mit den Worten
Ausdruck gab: „nach dieser geographischen Abtheilung sind zugleich sämmtliche
Staatsbürger Unseres Herzogthums in Gemeinden (etwa wie ein Regiment in Sek-