Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

662 Licht= und Fensterrecht. 
I. I. 3, 12, 15, 16 D. 8, 2; vgl. 1. 17 § 1 D. 8, 5); bei der ersteren konnte der 
Berechtigte verlangen, „ne quid ei ofticintur ad gratiorem prospectum et liberum“ 
(1. 15 cit.), bei der letzteren darf der Verpflichtete nichts vornehmen „uo minus 
coeli videri possit“. In der Mitte zwischen beiden und lediglich auf das Höher- 
bauen bezgüglich ist die serr. altius non tollendi. Endlich findet sich noch eine serv. 
luminum, welche darin bestehen soll, „ut vicinus lumina nostra eKcipiat“ (1. 4 D. 8, 2). 
Unbestritten liegt in dieser Dienstbarkeit für das herrschende Grundstück das Recht, 
Fenster in einer fremden Wand zu haben (I. 8 C. 3, 34; Seuffert, Arch. X. 16); 
nach der allgemeinen Meinung soll diese Befugniß auch bei einer gemeinsamen Mauer 
stattfinden können, während eine entgegengesetzte Ansicht die 1. 40 D. 8, 2 nur von 
einem obligatorischen Recht auffaßt (Vangerow, I. §. 342 Anm. 2; Windscheid, 
§ 211 a Anm. 8). — Nach Deutschen Partikularrechten (vgl. schon Sachsensp. II. 49 
§ 1) ist dagegen das L. u. F. vielfachen Beschränkungen unterworfen und die An- 
lage neuer Fenster von dem Gesichtspunkt aus untersagt, „damit der Nachbar durch 
das verdrießlich Einsehen, durch etwan Außschütten und Außwerffen nicht beschwert 
werde“ (Frankf. Reform. VIII. 7 § 2; Rev. Lüb. R. III. 12 Art. 13). — Bgl. 
Beseler, § 93 sub c 3. — Andererseits aber ist auch gesetzlich ein Anspruch darauf be- 
gründet, daß vorhandene Fenster nicht eigenmächtig verbaut werden, und es finden 
sich endlich Dienstbarkeiten, die ein noch weiter gehendes Recht verschaffen (Roth, 
Bayer. Civ. R., II. 319 ff.; Seuffert, Arch. II. 139; VI. 15; XIV. 13). Soweit nun 
auch das Gem. Recht durch statutarische Bestimmungen verdrängt ist, müssen diese 
einerseits streng ausgelegt, andererseits darf aber auch der Zweck, den Nachbar vor 
Zudringlichkeit zu schützen, nicht vereitelt werden. — Das Oesterr. Be#. steht 
wesentlich auf dem Boden des Röm. Rechts, indem es ein Recht auf Aussicht als 
eine besonders zu bewilligende Dienstbarkeit hinstellt, daneben aber noch ein Fenster- 
recht mit dem Anspruch auf Licht und Luft kennt (§ 488). Ebenso schließt sich das 
Sächsische BGB. den gemeinrechtlichen Vorschriften an (85 545—547). Dagegen 
sind das Preuß. und Französ. Recht den nationaldeutschen Vorbildern gefolgt, von 
denen das erstere noch durch willkürliche Zusätze neue Streitigkeiten hervorrief. Als 
Grundsatz wird im Allg. LR. von der natürlichen Freiheit, Licht in sein Gebäude zu 
bringen und zu diesem Behufe, Fenster und Oeffnungen in der eigenen Mauer nach des 
Nachbars Seite zu machen, ausgegangen (I. 8 § 137). Steht dagegen das Gebäude 
hart an des Nachbarn offenem Raum, so müssen neue Fenster 6 Fuß über dem Boden 
angebracht und mit einem Drahtgitter oder Stäben, die nicht weiter als 2 Zoll aus- 
einanderstehen, versehen werden (§ 138). Zu einer Auphebung dieser gesetzlichen Be- 
schränkung bedarf es der Bestellung einer Aussichtsservitut (I. 22 § 62). Anderer- 
seits dürfen vorhandene Fenster, welche seit 10 Jahren bestehen, nicht verbaut werden, 
vielmehr muß der Bau, wenn die Behältnisse nur von dieser Seite Licht haben, so 
zurücktreten, daß der Nachbar noch als Lichtminimum aus den ungeöffneten Fenstern 
ebener Erde den Himmel sehen kann. Hat aber in einem solchen Fall das Gebäude 
noch von einer anderen Seite Licht, so ist ein so schwerer Nothstand nicht vorhanden 
und es genügt, wenn der Neubau soweit zurücktritt, daß der Himmel noch aus den un- 
geöffneten Fenstern der sog. Beletage gesehen werden kann (Paris, Allg. LR. I. 8 
§§ 142, 143; vgl. dagegen Dernburg, § 221 Anm. 10; Förster, § 170, Anm. 
37; Entsch, des OTrib. Bd. 80 S. 271 ff.). Bei Fenstern, die noch nicht 10 Jahre 
angelegt sind, bedarf es nur der Innehaltung der Vorschriften über den gewöhnlich 
bei Bauten zu lassenden Zwifs schenraum (I. 8 § 144). — Nach Französ. Recht dürfen 
in einer Scheidemauer von einem Milegenthüner weder Licht= (jours) nach Aus- 
sichtsfenster (vues) angelegt werden (Code civ. art. 675). Der Eigenthümer einer 
Grenzmauer dagegen kann nicht öffenbare und mit einem Drahtgitter verschlossene 
Fenster in der Höhe von 26 Dezimetern im Erdgeschoß und von 19 Dezimetern in 
den anderen Etagen von dem Boden des zu erhellenden Raumes anbringen lassen 
(art. 676, 677). Aussichtsfenster, Balkons, Erker dürfen nur in der an eine
	        
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