72 Gemeinheitstheilung.
der Rinderpest erlassenen Vieheinfuhrverbote vom 21. Mai 1878 — betreffend die
Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880.
8) Nichterfüllung von Lieferungsverträgen (8§ 329), hierüber vogl.
den Art. Strafverletzung, strafbare.
9) Verletzung der allgemeinen Bauregeln (§ 330). Bei Jedem,
der einen Bau (auch Reparaturen) leitet oder ausführt (Bauherr, Baumeister, Bau-
handwerker), wird vorausgesetzt, daß er nach den allgemein anerkannten Regeln
der Bankunst handelt. Die vorsätzliche oder fahrlässige Nichtbeobachtung
derselben wird bestraft, wenn daraus Gefahr für Andere (Leben oder Gesundheit,
nicht Eigenthum) entsteht. (B-gl. noch § 367 Z. 13—15.) Ist durch die Hand-
lung Tödtung oder Körperverletzung eingetreten, so finden die betreffenden Vorschriften
des 16. oder 17. Abschnittes des StrafG B. Anwendung.
Als Hauptstrafen für die g. V. finden sich: lebenslängliche und zeitige Zucht-
hausstrafe, Gefängniß= und Geldstrafe; als Nebenstrafen: Verlust der bürgerlichen
Ehrenrechte und Stellung unter Polizeiaussicht.
Lit.: Temme, Lehrb. d. Preuß. Straf R., S. 1042 ff. ## e, Lehrb., §§ 103 ff. —
v. Buri, Ueber Kaufalität und deren Verantwortun ng 1873, Carrara, Progr
nei corso di diritto crim. vol. VI. §§ 3014 ss. — Schap 5 in v Holtzendorffs Handbuch
desDeutschenStrafRBdIIlS859ff(daselbstauch weitere Literatura aben). — Bin-
ding, Die Normen und ihre Uebertretung, Bd. II. (1877) S Nanier im Ge-
richtssaal, Bd. XXXlI. (1879) S. 1 ff. — Hinsichtlich einzelner *5. * ad 3 Dambach im
Gerichtssaal Bd. XXIII. (1871) S. 241 ff. — Meves im Gerichtssaal Bd. XXVI. 4½
S. 167 ff., 241 ff. — ad 5 Meves in v. Holtzendorff's Strafrecht-zeitung, Bd. XIII. (1873)
S. 369 — ad 6 Köstlin im Archiv des Krim. R. 185. S. 181 ff., 269 ff. — Die Recht-
sprechung der höchsten Deutschen Gerichte über die g. V findet sich bei Fezold, Deutsche
Strafrechtspraxis, Bd. I. (1877) S. 456—465, Bd. II. (1880) S. 539—553 Dochow.
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Gemeinheitstheilung (Th. I. S. 491). Die Vertheilung der in Folge der
ursprünglichen Ansiedlungsart im Gesammteigenthum der Gemeinden verbliebenen
Ländereien zu Sondereigenthum hat im Wege freiwilliger Vereinbarung durch alle
Jahrhunderte hindurch langsame Fortschritte gemacht. Seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts aber suchten die meisten Deutschen Staaten diese Auftheilung gesetz=
lich zu befördern. Man ging dabei von dem Gesichtspunkt wirthschaftlicher Zweck-
mäßigkeit aus, wobei man in oft sehr einseitiger Weise ohne Weiteres annahm, daß
jede Gemeinschaft schädlich sei und weder die dauernden Interessen der Gemeinde,
nach die besondere Beschaffenheit gewisser Güter, wie namentlich der Waldungen,
gehörig berücksichtigte. So ordnete ein Preuß. Gesetz für Schlesien von 1771 die
Markentheilung „von Amtswegen ohne Zeitverlust“ an, und die Preuß. G. Sord-
nung von 1821 sagt in § 1: „Die von mehreren Einwohnern einer Stadt
oder eines Dorfes, von Gemeinden und Grundbesitzern bisher gemeinschaftlich
ausgeübte Benutzung ländlicher Grundstücke soll zum Besten der allgemeinen Landes-
kultur, so viel als möglich ist, aufgehoben, oder so lange sie besteht, möglichst un-
schädlich gemacht werden“. Dabei aber ist nach § 23 „ohne Beweisführung anzu-
nehmen, daß jede Gemeinschaftsauseinandersetzung zum Besten der Landeskultur
gereiche und ausführbar sei“. Neuere G.odnungen suchen diese Einseitigkeit zu ver-
meiden, streben namentlich die Konservirung der Gemeindewaldungen an und geben
mehr und mehr den Theilungszwang auf. Vorzugsweise sind es die Gemein-
weiden, mit deren Theilung sich die Gesetzgebung beschäftigt, weil gerade bei
ihnen von der Theilung ein erhöhter Antrieb zu gesteigerter Bodenkultur erwartet
wird. Die einzelnen G.sordnungen weichen bezüglich der von ihnen befolgten
Grundsätze erheblich von einander ab, wobei sich vielfach der Einfluß der ver-
schiedenen Ansichten über die rechtliche Natur der Verhältnisse am Gemeinland
geltend macht.