Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

750 Miethe. 
es weil dem Vermiether das Recht darauf mangelt, sei es durch thatsächliche Um— 
stände, welche der Vermiether verschuldet, so haftet der letztere wiederum auf das 
Interesse (1.I. 7, 8, 9 pr., 1. 15 § 8 D. h. t.). Wenn dagegen durch einen Zufall 
dem Vermiether die Gewährung des Gebrauchs unmöglich wird, so fallen von da 
ab die Verpflichtungen beider Theile hinweg (1I. 9 § 3; l. 19 § 6; l. 30 pr. § 1 
D. h. t.). Oierauf bezieht sich der Satz, daß der Vermiether die Gefahr trage. Der 
Grund, weswegen diese Frage hier anders entschieden wird, als beim Kauf (. diesen 
Art. und den Art. Periculum), wird gewöhnlich in der Natur dieser beiden Ver- 
träge gesucht, von denen der letztere eine sofortige Entäußerung enthalte, der erstere nicht 
(Windscheid). Richtiger erscheint es, die verschiedene Behandlung beider historisch 
zu erklären, indem der Miether bei den Römern vor Anerkennung der locatio als eines 
Konsenfualkontrakts die Sache nur precario empfing, und nur soweit er sie wirklich hatte 
nutzen können, (re) zur Zahlung des Miethgeldes verpflichtet war (Degenkolb, Platz- 
recht und M., S. 192 ff.). Ein besonderer Fall, in welchem der Vermiether wegen 
Nichterfüllung seiner Verbindlichkeit auf das Interesse haftet, kann durch Veräußerung 
der vermietheten Sache an einen Dritten herbeigeführt werden. Ein solcher Er- 
werber der Sache hat kraft seines dinglichen Rechts die Macht, den Miether, der nur 
ein persönliches hat, auszutreiben; was man durch das Rechtssprüchwort: „Kauf 
bricht M." hat ausdrücken wollen. Indessen kann der Miether diesen Folgen unter 
Umständen dadurch entgehen, daß er die Veräußerung mittels gerichtlichen Inhibi- 
toriums oder mittels Versagung seiner Mitwirkung zur Uebergabe hindert, oder auch 
dadurch, daß der Vermiether in dem Veräußerungsvertrage dem Erwerber die Pflicht 
auferlegt, den Miether wohnen zu lassen, und der Miether dann diesen Anspruch 
als Cessionar geltend macht. Eventuell, wenn der Miether dem dinglichen Recht 
des Erwerbers hat weichen müssen, bleibt ihm der Regreß gegen den Vermiether 
(I. 25 § 1; I. 32; I1. 38 D. h. t.; 1. 120 § 2 D. de leg. I.; Windscheid, 
Pand., II. § 400, Anm. 7). (Abweichend neuerdings Ziebarth und v. Brünneck, 
welche dem dritten Erwerber die Pflicht auferlegen, den Miether wegen seines „Rechts 
zur Sache“ zu entschädigen.) Im älteren Deutschen Recht war dies Verhältniß 
allerdings vielfach anders geordnet, indem der Miether von unbeweglichen Sachen 
während der Kontraktszeit von einem neuen Erwerber ebensowenig ausgetrieben 
werden konnte, als von dem Vermiether selbst (Stobbe, Handbuch, III. § 186.) 
Daher haben die neueren Gesetzgebungen meistentheils beide Prinzipien mit einander 
verschmolzen. Nach dem Code civil art. 1743 muß der Käufer denjenigen Miether, 
der das ältere Datum seines Vertrages durch eine authentische Urkunde oder sonst 
mit Sicherheit beweisen kann, wohnen lassen, wenn nicht der Vermiether das Ge- 
gentheil im Kontrakte ausgemacht hat. Nach Oesterr. und Sächs. Recht (Oesterr. 
BG. 51120 ff.; Sächs. BGB. 81224 ff.) kann der Miether sich gegen den dritten 
Erwerber der Sache nur dann behaupten, wenn sein Recht in das Grundbuch ein- 
getragen war. Diese Eintragung schützt ihn jedoch nicht im Falle nothwendiger 
Veräußerung. Indessen ist der Dritte an Kündigungsfristen gebunden. Nach Preuß. 
Recht (§ 358 des Allg. LR. I. 21) ist der Miether, dem die Sache übergeben ist, 
kraft der Dinglichkeit seines Rechts gegen dritte Sacherwerber geschützt, doch muß er 
bei nothwendiger gerichtlicher Veräußerung sich vorzeitige Kündigung gefallen lassen 
(§ 350 a. a. O.). — Schließlich hat der Vermiether die Verpflichtung, Verwen- 
dungen auf die Sache, die nothwendig oder seinem Interesse entsprechend waren, 
dem Miether zu ersetzen (l. 55 § 1 D. h. t.; §§ 280—287 des Allg. LR. I. 21). 
Die Verbindlichkeit des Miethers besteht hauptsächlich in Zahlung des Miethszinfes 
und Rückgabe der Sache nach gemachtem Gebrauch. Auch die erstere erfolgt im 
Zweifel postnumerando (1. 24 § 2 D. h. t.). Doch kann die Zahlung von Raten 
nach Ablauf kürzerer Miethsperioden innerhalb der Kontraktsdauer nicht blos be- 
dungen werden, sondern gilt partikularrechtlich auch als stillschweigend vereinbart: 
so in Oesterreich nach einem halben, in Preußen nach einem Vierteljahr (Oesterr.
	        
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