Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Militärpflicht. 757 
angehören, erfolgen durch Ersuchen der Kommandobehörde (StrafPO. 88 48 Abs. 
2, 72). Diese ist um Erlassung der Paritionsordre zu ersuchen, so daß die Nicht- 
befolgung sich als Uebertretung eines militärischen Befehls darstellt. Wird dem 
Ersuchen von der Kommandobehörde nicht stattgegeben, so muß Verlegung des Ter- 
mins oder kommissarische Vernehmung des Zeugen oder Sachverständigen eintreten. 
Die Verhängung der Zwangsmaßregeln (Strafp O. §§ 50, 69, 77) gegen M. wegen 
Nichterfüllung der Pflicht als Zeuge oder Sachverständiger sind folgendermaßen ge- 
regelt: Die Festsetzung der Strafe, d. h. die Beantwortung der Fragen, ob und 
welche Strafe im konkreten Falle zu verhängen sei, und die Strafvollstreckung er- 
folgen auf Ersuchen durch das M. gericht. (Im Gegensatz hierzu wollen Löwe und 
Geyer die Schuld von dem Strafgericht 'Eivilgericht! und die Strafe nach Art und 
Maß von dem M.h.gericht festsetzen lassen.) Das M gericht hat auch darüber zu ent- 
scheiden, ob die Verurtheilung wegen nachträglich erfolgender genügender Entschul- 
digung wiederaufzuheben sei. Die Anwendung des Vorführungsbefehls und der 
(Zwangs-) Haft geschieht durch Ersuchen der Kommandobehörde. Hinsichtlich des 
Vorführungsbefehls ist dies ausdrücklich bestimmt, aber auch hinsichtlich der (Zwangs-) 
Haft wird nach Analogie der CPO. § 793 die M behörde und nicht das M gericht 
um Vollstreckung zu ersuchen sein. Die Verurtheilung des Zeugen oder Sachver- 
stängigen in die durch das Ausbleiben oder die Weigerung verursachten Kosten 
verbleibt dem ordentlichen Strafgericht. — 3) Beschlagnahmen und Durch- 
suchungen in militärischen Dienstgebäuden, zu welchen auch Kriegsfahrzeuge ge- 
hören, erfolgen durch Ersuchen der M. behörde, und auf Verlangen der Civilbehörde 
(Richter, Staatsanwaltschaft) unter deren Mitwirkung. Ist die Beschlagnahme bzw. 
Durchsuchung in Räumen vorzunehmen, welche in militärischen Dienstgebäuden aus- 
schließlich von Civilpersonen bewohnt werden, so bedarf es hierzu nicht eines Er- 
suchens der M. behörde (StrafP O. §§ 98 Abs. 4, 105 Abs. 4). Dochow. 
Militärpflicht. Als mit dem Ende des dreißigjährigen Krieges der große 
Kurfürst gegen den lebhaften Widerstand der damaligen Stände das stehende Heer 
schuf, beruhte die Bildung und Ergänzung desselben auf einem Systeme freiwilliger 
Werbung, die sowol im Inlande als auch im Auslande ins Werk gesetzt wurde. 
indessen zu vielen Gewaltthätigkeiten gegen die eigenen Unterthanen, zu vielen Kon- 
flikten mit den übrigen Deutschen Regierungen führte, und sich außerdem bei der 
Vermehrung des stehenden Heeres als unzureichend bewies. Zwei königliche Verord- 
nungen Friedrich Wilhelm's I. wegen des Enrollements vom 1. und 18. Mai 1733 
hoben daher das Werbesystem im Inlande auf, und vertheilten sämmtliche in dem 
Lande befindliche Feuerstellen distriktsweise unter die Regimenter, so daß ein Infan- 
terieregiment 5000, ein Kavallerieregiment 1800 Feuerstellen erhielt. Das Kanton- 
Reglement vom 15. September 1733 (Droysen, Friedrich Wilhelm I. ([18691, 
Bd. II. S. 417) erklärte prinzipiell alle Einwohner des Landes für die Waffen 
geboren, befreite jedoch gleichzeitig die höheren Stände, insbesondere den Adel, sowie 
den höheren Staatsdienst, die eingewanderten Kolonisten und eine Anzahl anderer 
Kategorien von der Zwangsaushebung. Die Ausgehobenen hatten die Verpflichtung, 
zwanzig Jahre zu dienen, wurden jedoch, nachdem sie eingeübt waren, regelmäßig 
ins Kanton auf Urlaub entlassen, und in den folgenden Jahren ihrer Dienstzeit 
nach dem Bedarf zu den verschiedenen Herbst= und Frühjahrsmanövern wieder ein- 
beordert, auch aus mannigfachen Gründen vor Ablauf der Dienstzeit gänzlich ent- 
lassen; so daß z. B. nach einer Nachweisung über die Zeit von 1795—1800 nach 
zwanzigjähriger Dienstzeit nur 10 236, innerhalb dieser Zeit 21585 wegen Annahme 
von städtischen Etablissements, 72753 wegen Annahme von bäuerlichen Etablisse- 
ments und als Unentbehrliche in den Dörfern, 29 034 ohne Uebernahme von 
Etablissements, endlich 3253 ausnahmsweise zum Studiren entlassen worden sind 
(v. Bassewitz, Die Kurmark Brandenburg vor dem Ausbruch des Krieges von
	        
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