Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

760 Militärpflicht. 
jenigen Mennoniten, welche sich nicht freiwillig zum Waffendienst bereit erklären, 
zur Genügeleistung ihrer M. als Nichtkombattanten, nämlich als Krankenwärter, 
als Schreiber, sowie als Oekonomiehandwerker und Trainfahrer, auszuheben seien. 
(Bal. übrigens Gesetz, betreffend die Verhältnisse der Mennoniten vom 12. Juni 
1874; Preuß. Ges. Samml. S. 238.) Eine Befreiung ganger Berufsklassen von der 
M. ist nach § 22 des Gesetzes vom 2. Mai 1874 unzulässig; demgemäß ist ins- 
besondere auch die früher wenigstens thatsächlich stattgefundene Befreiung der Theo- 
logen (vgl. Verfügung des Bundeskanzlers und Kriegsministers vom 31. Dez. 1869, 
im Minist. Bl. 1870 S. 87; Militär-Ersatz-Instr. vom 26. März 1868 §5. 159; 
Verfügung des Kriegsministers vom 7. Juli 1873, im Minist.-Bl. 1873 S. 314) 
aufgehoben. (Bekanntmachung des Reichskanzlers und Kriegsministers vom 22. Juli 
1874, im Gentralbl. 1874 S. 294.) 
Die Verpflichtung zum Dienst im stehenden Heere beginnt mit dem 1. Januar 
desjenigen Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das zwanzigste Jahr voll- 
endet (Gesetz vom 9. November 1867, 5 6; Gesetz vom 2. Mai 1874, § 10). Die 
Wehrpflicht trat früher erst nach Vollendung des zwanzigsten Jahres ein; die große 
Mehrzahl der Eingestellten hat aber auch bei der jetzigen Einrichtung das zwanzigste 
Jahr bereits vollendet, da die Einstellung erst mit dem 1. Oktober zu geschehen 
pflegt. 
Die Wehrpflicht im stehenden Heere dauert sieben Jahre; während dieser Zeit 
sind die Mannschaften die ersten drei Jahre zum ununterbrochenen aktiven Dienst 
verpflichtet. Während des Restes der siebenjährigen Dienstzeit sind die Mann- 
schaften zur Reserve beurlaubt, insoweit nicht die jährlichen Uebungen, die aber 
jeden Reservisten nur zweimal und nicht über je acht Wochen treffen dürfen, oder 
nothwendige Verstärkungen und Mobilmachungen des Heeres, die jedesmal für eine 
Uebung zählen, die Einberufung zum Dienst erfordern. — Die Verpflichtung zum 
Dienst in der Landwehr erfolgt nach abgeleisteter Dienstpflicht im stehenden Heere 
und ist von fünfjähriger Dauer. Die Landwehrmannschaften, mit Ausschluß der 
Landwehrkavallerie, die im Frieden zu Uebungen gar nicht einberufen wird, können 
während des Landwehrverhältnisses zweimal auf 8—14 Tage zu Uebungen ein- 
berufen werden, die bei der Infanterie in besonderen Kompagnien oder Bataillonen, 
bei den Jägern und Schützen, der Artillerie, den Pionieren und dem Train im 
Anschluß an die betreffenden Linientruppentheile erfolgen. Das Gesetz vom 6. Mai 
1880 hat diejenigen Verpflichtungen gesteigert, welche den wegen hoher Loosnummer 
oder wegen geringer körperlicher Fehler der Ersatzreserve erster Klasse (§ 25 des Ges. 
vom 2. Mai 1874) überwiesenen Mannschaften obliegen; diese Ersatzrefervisten dürfen 
insbesondere nunmehr im Frieden zu Uebungen einberufen werden, die jedoch ihrer 
Zahl und Dauer nach gesetzlich genau begrenzt sind. — Alle Bestimmungen über die 
Dienstverpflichtung für das stehende Heer und für die Landwehr gelten nur für den 
Frieden; im Kriege entscheidet darüber allein das Bedürfniß. 
Um im Allgemeinen wissenschaftliche und gewerbliche Ausbildung so wenig wie 
möglich durch die allgemeine Wehrpflicht zu stören, ist es jedem jungen Manne 
überlassen, schon nach vollendetem 17. Lebensjahre, wenn er die nöthige moralische 
und körperliche Qualifikation hat, freiwillig in den Militärdienst einzutreten (sog. 
drei= resp. vierjährige Freiwillige). Junge Leute von Bildung, welche sich während 
ihrer Dienstzeit selbst bekleiden, ausrüsten und verpflegen, und welche die gewonnenen 
Kenntnisse in dem vorschriftsmäßigen Umfange dargelegt haben, werden schon nach 
einer einjährigen Dienstzeit im stehenden Heere zur Reserve beurlaubt. Die zum 
einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten haben die Verpflichtung, sich spätestens bis 
zum 1. Oktober desjenigen Jahres, in welchem sie das 23. Lebensjahr vollenden, 
zum Dienstantritt zu melden. Ausnahmsweise kann ihnen über diesen Zeitpunkt 
hinaus Aufschub gewährt werden. Sie können nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten 
und Leistungen zu Offiziersstellen der Reserve und Landwehr vorgeschlagen werden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.