Full text: Rechtslexikon. Zweiter Band. Gad - Otto. (2.2)

Militärverbrechen. 767 
lassen des anvertrauten Postens im Felde; Kapitulation im freien Felde, welche 
zum Strecken der Waffen führt; Uebergabe eines Schiffes oder der Mannschaft 
desselben — werden besonders hervorgehoben. 
3) Unerlaubte Entfernung, d. h. das eigenmächtige Entfernen oder das 
vorsätzliche Fernbleiben von der Truppe, oder das eigenmächtige Ueberschreiten des 
Urlaubs. Im Felde wird der unerlaubten Entfernung es gleichgeachtet, wenn eine 
Person des Soldatenstandes es unterläßt, der Truppe, von welcher sie abgekommen 
ist, oder der nächsten Truppe sich wieder anzuschließen, oder nach beendigter Kriegs- 
gefangenschaft sich unverzüglich bei einem Truppentheile zu melden. Personen der 
Marine werden in analoger Weise wegen unerlaubter Entfernung gestraft, wenn sie 
in fremden Gewässern von ihrem Schiffe abgekommen, es unterlassen, sich bei dem- 
selben oder einem anderen Deutschen Kriegsschiffe oder dem nächsten Deutschen Kon- 
sulate zu melden. Der Fahnenpflicht (Desertion) macht sich Derjenige schuldig, 
welcher sich in der Absicht unerlaubt entfernt, um sich seiner gesetzlichen oder von 
ihm übernommenen Verpflichtung zum Dienst dauernd zu entziehen (vgl. den Art. 
Desertion). In Betreff der Fahnenflucht ist — zum Zwecke der Verhütung 
derselben — Denunziationspflicht anerkannt (§ 77). Die Selbstbefreiung 
eines Gefangenen wird als militärisches Vergehen selbst dann bestraft, wenn 
dieselbe auch nicht als Fahnenflucht sich darstellt (§ 79). 
4) Selbstbeschädigung und Vorschützung von Gebrechen. Diese 
Vergehen entsprechen den im bürgerlichen StrafGB. in 88 142, 143 aufgestellten 
Strafbestimmungen. Der Unterschied besteht im Wesentlichen nur darin, daß im bürger- 
lichen StrafG B. als Subjekte des Delikts solche Personen gedacht sind, welche ihrer 
Wehrpflicht erst genügen sollen, während das Mil. Straf GB solche Personen als Sub- 
jekte des Delikts hinstellt, welche die Verpflichtung zum Dienste bereits eingegangen sind. 
5) Feigheit. Feige ist, wer aus Besorgniß vor persönlicher Gefahr eine 
militärische Dienstpflicht verletzt. Als schwerster Fall wird hervorgehoben, daß der 
Soldat aus Feigheit die Flucht ergreift und die Kameraden durch Worte oder 
Zeichen zur Flucht verleitet. Hierfür wird (§ 84) die Todesstrafe angedroht. 
Minder schwere Fälle von Feigheit sind durch die §§ 85—87 bedroht und können 
die hierfür verwirkten Strafen durch nachträglich abgelegte hervorragende Beweise 
von Muth theils gemindert, theils ganz beseitigt werden. 
6) Strafbare Handlungen gegen die Pflichten der militärischen 
Unterordnung (§§ 89—113). Hierher gehören: Die Verletzung der dem Vorgesetzten 
schuldigen Achtung; die wissentliche Unwahrheit gegenüber dem Vorgesetzten in dienst- 
lichen Angelegenheiten; die Beleidigung eines Vorgesetzten oder im Dienstrange 
Höheren; der Ungehorsam gegen einen Befehl in Dienstsachen; die Widersetzung — 
d. h. das Unternehmen, einen Vorgesetzten mittels Gewalt oder Drohung an der 
Ausführung eines Dienstbefehls zu hindern oder zur Vornahme oder Unterlassung 
einer Diensthandlung zu nöthigen —; das thätliche Vergreifen, sowie der thätliche 
Angriff gegen einen Vorgesetzten; Aufforderung oder Anreizung zur Verweigerung 
des Gehorsams, zur Widersetzung oder zu einer Thätlichkeit gegen den Vorgesetzten; 
die Aufwiegelung, welche begangen wird, wenn mehrere Personen des Soldatenstandes 
aufgefordert oder angereizt werden, dem Vorgesetzten den Gehorsam zu verweigern 
oder sich ihm zu widersetzen oder eine Thätlichkeit gegen denselben zu begehen; das 
Veranstalten von Versammlungen, in welchen Personen des Soldatenstandes über 
militärische Angelegenheiten oder Einrichtungen berathen sollen; das Sammeln von 
Unterschriften zu einer gemeinsamen Vorstellung oder Beschwerde über militärische 
Angelegenheiten oder Einrichtungen; die Erregung von Mißvergnügen in Beziehung 
auf den Dienst; die militärische Meuterei — wenn mehrere eine gemeinschaftliche 
Verweigerung des Gehorsams oder eine gemeinschaftliche Widersetzung oder Thätlich- 
keit gegen den Vorgesetzten verabreden. — (Für die Meuterei ist Denunziationspflicht 
anerkannt und wird dem an der Meuterei Betheiligten, welcher von derselben zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.