770 Militärverbrechen.
neten Schärfungen des mittleren Arrestes. Der Stubenarrest wird von dem Ver-
urtheilten in seiner Wohnung verbüßt und darf derselbe während der Dauer des
Arrestes seine Wohnung nicht verlassen, auch nicht Besuche annehmen. Durch Richter-
spruch kann gegen Hauptleute, Rittmeister und Subalternoffiziere die Strafvollstreckung
des Stubenarrestes in einem besonderen Offizier-Arrestzimmer angeordnet werden —
geschärfter Stubenarrest. Die Nebenstrafen des Mil. StrafG B. sind: Ent-
fernung aus dem Heer oder der Marine; Dienstentlassung; Amtsverlust; Verlust der
bürgerlichen Ehrenrechte — nach Maßgabe des bürgerlichen Straf## B. 88 32 ff. —
Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes; Degradation vom Unteroffizier
zum Gemeinen (58 14—45).
Die allgemeinen strafrechtlichen Vorschriften des ersten Abschnittes
des bürgerlichen StrafGB. sind von dem Mil. Straf GB. in Einzelheiten abgeändert
worden. Anzuführen ist Folgendes: Wird durch Ausführung eines Befehls
in Dienstsachen ein Strafgesetz verletzt, so ist hierfür der befehligende Vorgesetzte
allein verantwortlich. Der Untergebene wird — und zwar nur mit der Strafe des
Theilnehmers — bestraft, wenn er den ihm ertheilten Befehl überschritten hat, oder
wenn ihm bekannt gewesen, daß der Befehl des Vorgesetzten eine Handlung betraf,
welche ein bürgerliches oder militärisches Verbrechen bezweckte. — Die Verletzung
der Dienstpflicht aus Furcht vor persönlicher Gefahr ist ebenso zu strafen wie die
Verletzung der Dienstpflicht aus Vorsatz. — Selbstverschuldete Trunkenheit
bildet bei strafbaren Handlungen gegen die militärische Unterordnung, sowie bei
allen in Ausübung des Dienstes begangenen strafbaren Handlungen keinen Straf-
milderungsgrund. — Bei Bestrafung militärischer Verbrechen oder Vergehen ist die
Erkennung der angedrohten Strafe unabhängig von dem Alter des Thäters. —
Die Verfolgung eines militärischen Verbrechens oder Vergehens ist unabhängig von
dem Antrage des Verletzten oder einer anderen zum Antrage berechtigten
Person.
Außer den M. kommen noch die Disziplinarvergehen der Militärpersonen
in Betracht. Der Disziplinarbestrafung unterliegen: 1) Handlungen gegen die militärische
Zucht und Ordnung und gegen die Dienstvorschriften, für welche die Militärgesetze
keine Strafbestimmungen enthalten; 2) diejenigen militärischen Vergehen, deren Be-
strafung im Disziplinarwege in leichteren Fällen durch das EG. zum Mil. Straf GB. für
das Deutsche Reich ausdrücklich gestattet ist. Die Disziplinarstrafen sind
folgende: Für Offiziere: Verweis (einfacher, förmlicher — vor versammeltem
Offizierkorps — strenger — durch Parolebefehl, mit Eintragung der Veranlassung
in die Parolebücher —), Stubenarrest bis zu vierzehn Tagen. Für Unter-
offiziere: Verweis (einfacher, förmlicher — vor versammelten Offizieren der Kom-
pagnie u. s. w. — strenger), Auferlegung von Dienstverrichtungen außer
der Reihe, z. B. Strafwachen; Arreststrafen (Kasernen-, Quartier= oder ge-
linder Arrest bis zu vier Wochen; mittlerer Arrest bis zu drei Wochen). Für
Gemeine: 1) kleinere Disziplinarstrafen — (Auferlegung gewisser Dienst-
verrichtungen außer der Reihe; Entziehung der freien Verfügung über die Löhnung
bis auf die Dauer von vier Wochen; Auferlegung der Verpflichtung, zu einer be-
stimmten Zeit vor dem Zapfenstreiche in die Kaserne oder in das Ouartier zurück-
zukehren, bis auf die Dauer von vier Wochen). 2) Arreststrafen — (Kasernen-,
OQuartier= oder gelinder Arrest bis zu vier Wochen; mittlerer Arrest bis zu drei
Wochen; strenger Arrest bis zu vierzehn Tagen). Außerdem 3) für Obergefreite
und Gefreite: die Entfernung von dieser Charge, und 4) für Gemeine der
zweiten Klasse des Soldatenstandes — nach fruchtloser Anwendung der sonstigen
Disziplinarstrafen — die Einstellung in eine Arbeiterabtheilung.
Gsgb.: Mil. StrafG#B. für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872. — Verordnung über
die Diszipl. Straf rdn. für das Deutsche Heer vom 31. Oktober 1872 (diese Verordnung ist
im R.G. Bl. nicht publizirt. Amtliche Ausgabe: Berlin, Mittler & S. 1873).